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Gut zwei Wochen ist es her, dass ich von ziemlich abenteuerlichen Börsenspekulationen berichten konnte. Die Erbenfamilie Hayek werde die Swatch Group von der Börse nehmen, so war damals zu hören. Dem hochverschuldeten Backwarenhersteller Aryzta wurde hingegen eine Bilanzsanierung in Form ausserordentlicher Goodwill-Abschreibungen und einer anschliessenden Kapitalerhöhung nachgesagt. Mit Leonteq und LafargeHolcim standen ausserdem zwei weitere Schweizer Unternehmen im Zentrum von Mutmassungen (siehe Kolumne vom 27. April).
Doch damit nicht genug: Seit wenigen Tagen dreht sich das Spekulations-Karussell bei uns in der Schweiz kräftig weiter. Und je schneller es sich dreht, desto abstruser werden die Geschichten.
Das gilt insbesondere für das mir zugetragene Gerücht rund um einen angeblich bevorstehenden Schulterschluss von Roche und Novartis bei einer gleichzeitigen Abspaltung des Sorgenkinds Alcon. Es ist schon eine ganze Weile her, dass den beiden Pharmakonzernen aus Basel an der Börse Hochzeitspläne nachgesagt wurden.
Die Kurse der Valoren von Roche (grün) und Novartis (rot) bewegen sich fast im Gleichschritt (Quelle: www.cash.ch)
Ich kann mir die wiedererwachten Spekulationen nur mit dem produktseitigen Rückschlag mit dem Schlüsselmedikament Tecentriq bei der Behandlung von Blasenkrebs von vorgestern erklären. Ob die Gründer-Familien von Roche deswegen nun verhandlungsbereiter sind, wage ich zu bezweifeln.
Für beide Seiten liessen sich - wie beim tapferen Schneiderlein - mehrere Fliegen mit derselben Klappe schlagen. Novartis hätte einen Grund, sich endlich des teuer erkauften Sorgenkinds Alcon zu entledigen und wäre das Problem mit der immer wieder thematisierten Platzierung des Roche-Pakets los. Roche wiederum könnte endlich die Kapitalstruktur vereinfachen und im Hinblick auf den Ablauf wichtiger Patente die hohe Abhängigkeit von der Brustkrebsfranchise verringern.
Vermutlich wird es aber nie so weit kommen - zu gross ist der kulturelle Unterschied und zu tief gründet die Rivalität zwischen den beiden Unternehmen.
Nicht etwa weniger abenteuerlich sind die Geschichten, welche sich seit Tagen um ABB ranken. Der Industriekonzern aus Zürich sei auf der Wunschliste der chinesischen Regierung in Peking gelandet, wird wild spekuliert.
Zumindest eine strategische Beteiligungsnahme schliesse ich zwar nicht kategorisch aus, halte eine solche allerdings für unwahrscheinlich. Mit State Grid und China Southern Power Grid verfügt die Volksrepublik im Strominfrastrukturgeschäft schon heute über zwei voll-integrierte Lokalmatadoren. Und in der Automation verfolgt Peking eine Strategie der kleinen und ergänzenden Zukäufe.
Die Aktien von ABB kämpfen sich schon seit Tagen langsam nach oben (Quelle: www.cash.ch)
Kommt dazu, dass sich die beiden Grossaktionäre Cevian Capital und Investor AB wohl nicht so leicht abspeisen lassen. Gerade bei der Familie Wallenberg dürfte es bei ABB um mehr als bloss ums Geld gehen.
Auch bei der Credit Suisse müssen die übernahmehungrigen Chinesen für Spekulationen rund um eine strategische Beteiligungsnahme herhalten. In diesem Zusammenhang fällt - wen überrascht es - der Name HNA. Erst kürzlich hatte sich der chinesische Mischkonzern im Rahmen der geplanten Kapitalerhöhung bei der Deutschen Bank eingekauft. Weil die Credit Suisse ebenfalls frisches Kapital aufnehmen will, erstaunen mich diese Mutmassungen kaum. So richtig zur geplanten Bezugsrechtsemission wollen die Spekulationen allerdings nicht passen.
Wenn sich extreme Kursausschläge häufen, die Leerverkäufer in Panik ihre Handtücher werfen, sich die Analysten gegenseitig mit immer noch aufsehenerregenderen Kaufempfehlungen überbieten und abstruse Spekulationen um sich greifen, dann befindet sich eine mehrjährige Aufwärtsbewegung meist in einem weit fortgeschritten Stadium. So richtig wohl ist es mir jedenfalls nicht dabei...
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