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Es war am Schweizer Aktienmarkt einmal mehr eine Woche der Indexschwergewichte. Am gestrigen Donnerstag läutete Nestlé bei den "Grossen Drei" die Quartalsberichterstattung ein – und das mit einem geradezu beeindruckenden Zahlenkranz.

Gegenüber den im Schlussquartal letzten Jahres gemessenen 7,2 Prozent hat sich das organische Umsatzwachstum mit 7,6 Prozent sogar noch einmal etwas beschleunigt. Analysten waren durchschnittlich von einer Verlangsamung auf 5,5 Prozent ausgegangen, wobei selbst die kühnste Schätzung von 6,5 Prozent übertroffen wurde.

Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass für mich vor allem die steigende Bedeutung des Onlinevertriebs im Vordergrund steht. Nach einem satten Plus von knapp 40 Prozent im ersten Quartal letzten Jahres konnte der Nahrungsmittelkonzern aus Vevey den Umsatz über diesen Vertriebskanal um weitere 5 Prozent steigern. Im Wissen um den wegfallenden Pandemie-Effekt im Onlinevertrieb ist das noch immer ziemlich respektabel.

In Expertenkreisen gelten die diesjährigen Wachstumsvorgaben von Firmenchef Mark Schneider nach gerade einmal drei Monaten bereits als eher konservativ. Erfreulich ist, dass Schneider auch am Ziel einer operativen Marge (EBIT) in Höhe von 17 bis 17,5 Prozent festhält. Einige Analysten hatten hier angesichts der zuletzt stark gestiegenen Agrarrohstoffpreise mit einer Anpassung nach unten gerechnet. Dass diese nun ausbleibt dürfte auch damit zu tun haben, dass Nestlé die Absatzpreise in den ersten drei Monaten kräftig erhöhen konnte – ohne dass dabei die Mengenentwicklung darunter gelitten hätte. Es ist, als hätten die Waadtländer mal eben schnell das Gesetz der Preiselastizität ausser Kraft gesetzt...

Kommen wir an dieser Stelle nun aber auf Roche zu sprechen. Gingen vom Schwergewicht in den letzten Wochen positive Impulse für die hiesigen Aktienindizes aus, erwies es sich zuletzt als Bremsklotz. Mit einem Minus von knapp 6 Prozent wird den Genussscheinen des Pharma- und Diagnostikkonzerns aus Basel sogar die undankbare Rolle des SMI-Verlierers der Woche zuteil. Vom Rekordhoch von etwas mehr als 404 Franken aus betrachtet errechnet sich sogar ein Minus von 10 Prozent.

Grund war eine Verkaufsempfehlung durch die UBS. Analyst Michael Leuchten bestätigte zwar das 345 Franken lautende 12-Monats-Kursziel für die Valoren, senkte sein Anlageurteil gleichzeitig jedoch von "Neutral" auf "Sell" – was einem Tabubruch gleichkommt.

Die "Bons" von Roche haben den SMI zuletzt wertvolle Punkte gekostet (Quelle: www.cash.ch)

Wie der bekannte Pharmaanalyst schreibt, dreht sich bei Roche momentan alles um die Studienergebnisse zum Alzheimerwirkstoff Gantenerumab. Diese werden für das vierte Quartal erwartet und dürften über das kommerzielle Potenzial entscheiden. Berechnungen der UBS zufolge ist bei Gantenerumab noch immer alles offen. Je nach Ausgang der Studien ist der Nettobarwert der zukünftigen Erträge mit dem Wirkstoff irgendwo zwischen 0 und 120 Franken je Genussschein und Inhaberaktie anzusiedeln. Der Analyst selbst bleibt eher zurückhaltend.

Als Henri B. Meier noch Finanzchef bei Roche war, hätte dieser vermutlich nur wenige Minuten nach Bekanntwerden der Verkaufsempfehlung empört beim UBS-Analyst oder dessen Vorgesetzten reintelefoniert und ihnen gehörig die Meinung gesagt.

Ich kommentierte den steilen Kursanstieg der vorangegangenen Wochen bei Roche wie folgt:

...und...

Der eine oder andere Fondsmanager und Vermögensverwalter dürfte angesichts der Kursschwäche bei Roche erleichtert aufatmen - messen den Valoren doch nicht eben wenige ein deutlich tieferes Gewicht in ihren Portefeuilles bei als sie gemäss Benchmark eigentlich müssten.

Eine neue Woche – eine weitere Hiobsbotschaft für die nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionäre der Credit Suisse: Aufgrund von Kreditverlusten sowie zusätzlichem Rückstellungsbedarf für Rechtsstreitigkeiten schliesst die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken auch das erste Quartal mit einem Verlust ab. Selbst einmalige Gewinne aus Liegenschaftsverkäufen wissen das nicht zu verhindern.

Gerade im Investment Banking gilt das erste Quartal als das stärkste des ganzen Jahres. Für gewöhnlich werden bis zu zwei Fünftel des Spartengewinns zwischen Januar und März gemacht. Wer im ersten Quartal kein Geld verdient, dem ist schlichtweg nicht mehr zu helfen...

...da fragt sich doch, ob das Schlimmste damit nun endlich überstanden ist. Analyst Peter Berger von der Basler Kantonalbank hegt diesbezüglich gewisse Zweifel. Zum einen sei noch nicht absehbar, wie stark die Einschnitte des niedrigeren Risikoappetits ins Tagesgeschäft wirklich seien und zum anderen dürfte eine mögliche Kontraktion der amerikanischen Wirtschaft nicht spurlos an den Aktien der Credit Suisse vorbeigehen. Er stuft diese deshalb nur mit "Marktgewichten" und einem auf 7,50 (zuvor 8,50) Franken gekürzten Kursziel ein.

Interessant ist, dass Berger bei weiteren Rückstellungen gar einen möglichen Bedarf an zusätzlichem Eigenkapital erwachsen sieht. Mit anderen Worten: Er schliesst eine weitere Kapitalerhöhung nicht aus.

Mit dieser Einschätzung ist der Analyst übrigens nicht alleine, warnte diese Woche doch auch sein Berufskollege bei der Bank of America vor einer möglichen Kapitalrunde. Er rät seinerseits sogar mit "Underperform" und einem Kursziel von 7,30 (zuvor 7,40) Franken zum Verkauf der Aktien.

Ein Händler verglich die Credit Suisse mir gegenüber am frühen Mittwochmorgen im Insider-Briefing als "ein Fass ohne Boden". Dieser Vergleich könnte passender nicht sein und sollte an diesem Tag die Runde machen.

Am heutigen Freitag geraten die Aktien von Logitech an der Börse unter die Räder. Der Unterhaltungselektronikhersteller aus Lausanne wird dabei für eine einschneidende Umsatzwarnung des Gegenspielers Corsair Gaming in Sippenhaft genommen. Eigenen Angaben zufolge haben die Amerikaner im vergangenen Quartal rund 380 Millionen Dollar umgesetzt. Analysten gingen bisweilen von einem Quartalsumsatz in Höhe von 440 Millionen Dollar aus. Viele werden den dicken Rotstift ansetzen müssen.

Zugegeben: Wenn wir Konsumentinnen und Konsumenten im Zuge steigender Preise mehr Geld für den täglichen Bedarf ausgeben müssen, bleibt Ende Monat weniger Geld für andere Dinge – etwa für Gaming-Zubehör – übrig.

Die Aktien von Logitech (rot) im 12-Monats-Vergleich mit jenen von Corsair (grün) (Quelle: www.cash.ch)

Dennoch wäre ich nicht überrascht, wenn sich die Angst vor einem Umsatzrückgang bei Logitech rückblickend einmal mehr als übertrieben erweisen würde – es wäre beileibe nicht das erste Mal. Ich sehe aus der Kurshalbierung seit dem letzten Frühsommer jedenfalls weiterhin Kaufgelegenheiten erwachsen.

Nächste Woche dürften hierzulande die beiden Schwergewichte Roche und Novartis mit ihren Zahlenkränzen für Bewegung sorgen. Ähnliches gilt für die Grossbanken UBS und Credit Suisse – wobei sich beim Sorgenkind Credit Suisse alles um die Ergebnisqualität drehen wird. Man könnte das Handelsgeschehen der letzten Tage deshalb schon beinahe als "die Ruhe vor dem Sturm" betiteln. Mehr zum "Zahlen-Sturm" am kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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