Ein möglicher Wahlsieg von Donald Trump und eine Rückkehr ins Weisse Haus wird in Europa auch deshalb so stark diskutiert, weil der Ex-Präsident eine deutliche Veränderung in der US-Aussenpolitik einleiten könnte. Im Wahlkampf hat Trump mittlerweile eine ganze Reihe an aussenpolitischen Vorschlägen gemacht, die einen Hinweis darauf geben können, wohin seine Aussenpolitik im Falle eines Wahlsieges führen könnte. Seine Ernennung von J.D. Vance als Vizepräsidentschaftskandidaten hat die Sorgen wegen dessen Ukraine-Äusserungen noch verstärkt. Allerdings wird von Experten darauf verwiesen, dass eine Vorbereitung auf eine Präsidentschaft Trumps wegen dessen erratischen Regierungsweise schwierig sei.

Die Rolle der USA in der Nato

Trump hat gesagt, dass die USA unter seiner Präsidentschaft «den Zweck und die Mission der Nato» grundlegend überdenken würden. Er hatte gegen Ende seiner ersten Amtszeit die Verteidigungsmittel für die Nato gekürzt und sich häufig darüber beschwert, dass die USA aus seiner Sicht zu viel zahlten. Allerdings hat sich die Lage gegenüber seiner ersten Amtszeit stark verändert. Nach Angaben von Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erfüllen mittlerweile 23 Nato-Verbündete die Selbstverpflichtung, zwei Prozent oder mehr ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Vance argumentierte auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar aber, dass es bei zwei Prozent nicht bleiben könne. Die USA müssten sich mehr um Asien kümmern. Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang bezeichnete Vances Ernennung deshalb als «besorgniserregend» für Europa.

Ein Anliegen von Trumps erster Amtszeit war es auch, dass Europäer wie arabische Staaten verstärkt Waffen von US-Konzernen kaufen sollten.

Macht Trump Druck auf die Ukraine?

Zum Krieg in der Ukraine sagt Trump, er würde den Konflikt im Falle eines Siegs bei der Wahl im November innerhalb kurzer Zeit und noch vor Amtsantritt im Januar lösen. Obwohl er nur wenige konkrete politische Vorschläge unterbreitet hat, sagte der Republikaner in einem Reuters-Interview 2023, dass die Ukraine möglicherweise einige Gebiete abtreten müsse, um ein Friedensabkommen zu erreichen. Zwei Berater Trumps erklärten im Juni gegenüber Reuters, sie hätten ihm einen Plan zur Beendigung des Krieges in der Ukraine vorgelegt. Danach sollte jede weitere Waffenhilfe für den osteuropäischen Verbündeten davon abhängig gemacht werden, dass Kiew sich mit Moskau zu Friedensgesprächen zusammensetzt.

Es gibt die Sorge, dass Trump die Ukraine zur Abtretung einiger Gebiete an Russland zwingen möchte. «Gerade die Nominierung von Vance könnte bedeuten, dass er (Trump) im ersten Jahr seiner Amtszeit mit Druck auf die Ukraine ein Ende des Krieges erreichen will - um Putin danach zu sagen 'Nun ist Schluss'», vermutet ein Regierungsvertreter in Berlin.

Allerdings ist auch Trumps Positionierung zur Ukraine widersprüchlich. Bei den Verhandlungen im US-Kongress über ein militärisches Hilfspaket in Höhe von 61 Milliarden Dollar schwieg Trump öffentlich lange. Hinter den Kulissen rückte er erst nach einigen Wochen von seinem Widerstand ab. Seine stillschweigende Zustimmung wurde daraufhin als entscheidend dafür angesehen, dass die US-Republikaner dem Paket von Präsident Joe Biden doch noch zustimmten. Gleichzeitig hatte Trump gedroht, dass er die Europäer auffordern werde, den Vereinigten Staaten Munition im Wert von fast 200 Milliarden Dollar «zu erstatten», die an die Ukraine geschickt wurde. «Ich bin mehr als überzeugt, dass im wahrscheinlichen Fall eines Sieges von Präsident Trump sich das Verhältnis der finanziellen Belastung zwischen den USA und der EU zu Ungunsten der EU verändern wird, wenn es um die finanzielle Unterstützung der Ukraine geht», hat Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban nach einem Treffen mit Trump mit Blick auf die Ukraine erklärt.

China, der Handel und die Zölle

Bereits in der ersten Amtszeit hatte Trump auch Verbündete mit Strafzöllen wegen angeblich unfairen Wettbewerbs überzogen. Er droht häufiger mit der Einführung neuer Zölle oder Handelsbeschränkungen für China - und auch für einige europäische Verbündete.

Der von Trump vorgeschlagene «Reciprocal Trade Act» würde ihm einen weitreichenden Ermessensspielraum einräumen, um Vergeltungszölle gegen einzelne Länder zu erheben, wenn diese nachweislich eigene Handelsschranken errichtet haben. Er hat auch die Idee eines allgemeinen Zolls von mindestens zehn Prozent ins Spiel gebracht, der die internationalen Warenströme stören könnte. Auf der anderen Seite könnte er die riesigen Subventionen für klimafreundliche Industrien beenden, die Biden eingeführt hatte und die mit zu einer Verlagerung auch deutscher Unternehmen in die USA beitrugen.

Trump hat versprochen, «aggressive neue Beschränkungen für chinesisches Eigentum an lebenswichtiger Infrastruktur in den Vereinigten Staaten» zu erlassen. Das offizielle Parteiprogramm der Republikaner fordert ein Verbot chinesischen Eigentums amerikanischer Immobilien.

Trump sprach nur selten über Taiwan oder darüber, was er im Falle einer chinesischen Invasion tun würde. Er sagte nur, dass China niemals eine Invasion wagen würde, wenn er Präsident wäre. Allerdings sorgte er nun in einem Bloomberg-Interview für Aufregung. «Ich kenne die Leute sehr gut und respektiere sie sehr. Sie haben etwa 100 Prozent unseres Chipgeschäfts übernommen. Ich denke, Taiwan sollte uns für die Verteidigung bezahlen», sagte Trump und sorgte für einen Absturz der Aktie des Chipherstellers TSMC. «Wissen Sie, wir sind nicht anders als eine Versicherungsgesellschaft», fügte er hinzu.

Mexiko und Rauschgift

Trump hat gesagt, dass er die in Mexiko operierenden Drogenkartelle als ausländische terroristische Organisationen einstufen und das Pentagon anweisen würde, «in geeigneter Weise Spezialkräfte einzusetzen», um die Führung und die Infrastruktur der Kartelle anzugreifen. Dies würde wahrscheinlich nicht den Segen der mexikanischen Regierung erhalten.

Trump sagte auch, dass er die US-Marine einsetzen würde, um eine Blockade gegen die Kartelle durchzusetzen, und dass er sich auf den sogenannten Alien Enemies Act berufen würde, um Drogenhändler und Bandenmitglieder aus den USA auszuweisen. Das neue Parteiprogramm der Republikaner fordert ausserdem die Verlegung Tausender von im Ausland stationierten Truppen an die Grenze zwischen den USA und Mexiko, um die illegale Einwanderung zu bekämpfen.

Der Nahe Osten

Nachdem Trump die israelische Führung in den Tagen nach dem Angriff der militanten palästinensischen Gruppe Hamas auf die israelische Bevölkerung am 7. Oktober erstmals kritisiert hatte, sagte er seitdem, die Hamas müsse «zerschlagen» werden. Seine Rhetorik klang kriegerisch, politische Lösungswege hat er nicht vorgeschlagen. Er kündigte zugleich an, härter gegen den Iran vorgehen zu wollen.

Trump sagt auch, dass er versuchen würde, alle «Resident Aliens» auszuweisen, die mit der Hamas sympathisieren. «Resident alien» sind Personen ohne US-Staatsbürgerschaft, die aber einen ständigem Wohnsitz in den USA haben und Inhaber einer Green Card sein können.

Erneuter Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen?

Trump hat wiederholt angekündigt, aus dem Pariser Abkommen auszusteigen, einer internationalen Vereinbarung zur Begrenzung der Treibhausgasemissionen. Er ist während seiner Amtszeit aus dem Abkommen ausgestiegen, aber die USA sind dem Abkommen 2021 unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden wieder beigetreten.

(Reuters)