Die theoretisch überlegene Technologie der Festkörperbatterien ist vom Praxiseinsatz im Pkw noch weit entfernt. So streckt Volkswagen nach Verzögerungen mit seinem Entwicklungspartner QuantumScape die Fühler nach weiteren Kooperationen aus, wie eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Nachrichtenagentur Reuters sagte. Der Konzern führe Gespräche mit dem französischen Unternehmen Blue Solutions, das bereits Festkörperbatterien für E-Busse von Daimler Truck produziert.
Geplant sei eine Entwicklungsvereinbarung für Pkw. VW nahm zu möglichen Gesprächen mit Blue Solutions keine Stellung. Mit QuantumScape sei der Konzern auf Kurs bei seinem Vorhaben.
Die vielgepriesenen Super-Batterien sind ein wichtiger Baustein für den Elektroantrieb von morgen und nach Ansicht einiger Experten der heilige Gral der Batterieforschung. Sie gelten als sicherer beim Brandschutz und ermöglichen höhere Reichweiten bei kürzeren Ladezeiten als herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus. Doch die Suche von Volkswagen nach neuen Kooperationen deutet auf eine Vielzahl technischer Hürden hin, die auf dem Weg zur Serienfertigung vor den Herstellern liegen.
Die zum französischen Mischkonzern Bollore gehörende Blue Solutions arbeitet nach Angaben eines Sprechers an einer Pkw-Batterie. Es habe Entwicklungsvereinbarungen mit BMW und einem weiteren Unternehmen abgeschlossen. Mit einer dritten Firma sei Blue Solutions im Gespräch. Bis 2029 soll eine Gigafactory entstehen.
Investoren wenden sich ab
Die Automobilbranche hat grosse Hoffnungen in die vielversprechenden Festkörperbatterien gesetzt. Von der Kooperation mit QuantumScape versprach sich Volkswagen zum Beispiel bis 2025 einen e-Golf mit 750 Kilometern Reichweite. Aber trotz jahrzehntelanger Forschung und milliardenschwerer Investitionen bleibt die Entwicklung des neuen Akkus ein kompliziertes Unterfangen. Die Investmentbank Goldman Sachs rechnet mit einer kommerziellen Produktion von QuantumScape-Batterien erst in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts.
Das Interesse von Investoren an der Technologie habe deshalb nachgelassen, sagt Jeff Peters von Ibex Investors. Nach Daten von PitchBook fielen die weltweiten Risikokapitalinvestitionen in die forschenden Unternehmen 2023 auf 146 Millionen Dollar, nachdem sie in den fünf vorangegangenen Jahren auf mehr als eine halbe Milliarde Dollar gestiegen waren. «Viele Versprechen wurden nicht eingehalten, mehrere Autobauer und Investoren haben sich daran die Finger verbrannt», sagt Rory McNulty von der Beratungsfirma Benchmark Mineral Intelligence. Es gebe viele gut belegte Daten und Technologien, doch es bleibe offen, ob die Industrie dies zuverlässig und im grossen Massstab umsetzen könne.
Ein Knackpunkt ist neben der Lebensdauer unter anderem die Ladezeit, die etwa bei den aktuellen Batterien von Blue Solutions bei vier Stunden liegt. Für Lastwagen oder Busse, die über Nacht im Depot laden können, ist das ein geringeres Problem als für Autos, die auch mal unterwegs geladen werden müssen. Das Unternehmen arbeitet deshalb an einer entsprechenden Batterie mit einer Ladezeit von 20 Minuten. Der Einsatz von Lithiummetall kann die Leistung drastisch erhöhen, löst aber Reaktionen aus, die zu Rissen und einem Kurzschluss in der Batterie führen können.
Durchbruch bei Toyota
Der japanische Autobauer Toyota verkündete im letzten Jahr einen technologischen Durchbruch, der eine Massenproduktion ab 2027/28 ermögliche. Geplant sei etwa ein Spitzenmodell mit einer Reichweite von 1000 Kilometern. Die Festkörperbatterie würde bei voller Aufladung, die nur zehn Minuten dauern soll, sogar 1200 Kilometer am Stück schaffen. Der jetzige Zeitplan liegt allerdings schon zwei Jahre hinter dem ursprünglichen Ziel.
Auch andere Unternehmen wie der chinesische Batterie-Riese CATL, der südkoreanische Batteriehersteller LG Energy Solution, die US-Firma Solid Power, ProLogium aus China sowie die japanischen Autobauer Nissan und Honda wollen Festkörperbatterien einführen. E-Auto-Pionier Tesla bleibt ein Ausreisser in der Branche und gab bisher keinerlei Pläne über die Entwicklung des neuen Batterietyps preis. Die anfängliche Euphorie ist inzwischen einem nüchternen Realismus gewichen: «Wir haben noch viel Arbeit vor uns», räumt QuantumScape-Chef Jagdeep Singh ein.
(Reuters)