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An der Börse ist Angst für gewöhnlich ein ziemlich schlechter Ratgeber. Es braucht oft gar nicht viel, und die Angst schlägt in Panik um. Angst sei das Parfüm der Verlierer, schrieb mir ein treuer Leser vor Jahren einst. Wie Recht er doch hat.

Besser als mit den beiden Begriffen "Angst" und "Panik" liesse sich das Handelsgeschehen der letzten Tage allerdings kaum umschreiben – wenn auch unter positiven Vorzeichen.

Von einer regelrechten Kaufpanik hiesiger Marktakteure wird mir insbesondere bei den Valoren von Roche berichtet. Die Aggressivität, mit der Inhaberaktien und Genussscheine des Pharma- und Diagnostikkonzerns aus Basel sowie Call-Warrants aufgekauft werden, ist schon beachtlich.

Wer nun denkt, dass erst die Berichte rund um eine milliardenschwere Beteiligungsnahme durch das japanische Investmentvehikel Softbank diesen Stein ins Rollen brachten, der irrt. Gerade die Inhaberaktien von Roche stossen nunmehr schon seit Februar auf reges Interesse.

Dass nun auch die Genussscheine wiederentdeckt werden, hat einen ganz anderen Grund. Denn anders als die Inhaberaktien sind sie ein nicht unwesentlicher Bestandteil des Swiss Market Index (SMI).

Wenn es in den letzten Jahren ein Erfolgsrezept gab, dann das, den drei SMI-Schwergewichten Nestlé, Roche und Novartis nur ein unterdurchschnittliches Gewicht im Aktienportefeuille beizumessen – oder am besten gleich ganz einen Bogen um sie zu machen.

Kursentwicklung der Valoren von Roche (rot) im 2-Wochen-Vergleich mit jenen von Novartis (grün) und Nestlé (gelb) (Quelle: www.cash.ch)

Doch dieses Rezept geht nicht mehr auf. Zumindest im Fall von Roche nicht. Deshalb müssen hiesige Marktakteure umdenken. Bisweilen laden sie vor allem Valoren des Pharma-Urgesteins in ihre Portefeuilles. Die beiden anderen Schwergewichte Nestlé und Novartis fristen hingegen weiterhin ein Mauerblümchen-Dasein. Zumindest vorerst noch.

Interessant ist, dass der Schweizer Börse SIX gestern Donnerstag zwei Titelverkäufe aus der Teppichetage von Roche im Gesamtwert von fast 3,6 Millionen Franken gemeldet wurden. Vielleicht geht in den nächsten Tagen ja eine Kiste teuren Burgunders mit persönlich unterzeichneter Dankeskarte aus Basel bei Softbank-Chef Masayoshi Son ein.

Zu den grossen Gewinnern der Roche-Hausse zählt auch Novartis. Als eines der letzten "Überbleibsel" aus der Ära Daniel Vasellas halten die Basler noch immer ein nicht gerade bescheidenes Paket. Zu aktuellen Kursen sind die 53,3 Millionen Inhaberaktien mehr als 21 Milliarden Franken wert. Das sind rund 5 Milliarden Franken mehr als noch zu Jahresbeginn

Ich schrieb am Mittwoch in diesem Zusammenhang:

Wie einer meiner geschätzten Leser nicht ganz unbegründet widerspricht, bietet die Bilanz der Basler nach den milliardenschweren Firmenübernahmen der letzten Jahre allerdings kaum Hand für einen solchen Schritt. Bleibt mein Vorschlag also nichts weiter als blosses Wunschdenken?!

Von einem Freitag dem 13. Lässt sich für die Aktionärinnen und Aktionäre von Meyer Burger sprechen. In einer Mitteilung an die Medien räumt das Solarunternehmen Verzögerungen beim Hochfahren der Produktion ein. Es reagiert damit auf Spekulationen in einschlägigen Internetforen.

Schuld sind Engpässe in der Lieferkette – nicht für die eigens produzierten Solarmodule, sondern für den Ausbau der Produktionskapazitäten. Dadurch verzögert sich das Hochfahren der Produktion auf volle Kapazität um einige Wochen. Auf die veröffentlichten Finanzziele hätten die Verzögerungen indessen keine Auswirkungen, wie das Unternehmen weiter schreibt.

Der für die Zürcher Kantonalbank tätige Analyst Richard Frei gibt sich entspannt. Wie andere Wirtschaftszweige sei auch die Solarindustrie von Lieferkettenproblemen betroffen. Entgegen verschiedener Gerüchte sei bei Meyer Burger jedoch nicht die eigentliche Versorgungskette mit Rohmaterialien, sondern einzelne Standardkomponenten für Produktionsmaschinen betroffen, so hält er fest. Frei geht davon aus, dass sich die Situation innerhalb weniger Wochen normalisiert und hält deshalb an seiner "Übergewichten" lautenden Kaufempfehlung für die Aktien fest.

Vorwürfe am Laufmeter: Ist Meyer Burger Ziel einer Kampagne?

Ähnlich fällt die Reaktion seines Berufskollegen Daniel König bei Mirabaud Securities aus. Seines Erachtens handelt es sich bei den Verzögerungen bloss um einen kleineren Rückschlag. Die Investmentthese sieht er deswegen aber nicht in Gefahr. Auch er bleibt bei seiner Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 80 Rappen.

Deutich skeptischer ist da der nicht namentlich bekannte Autor eines Kommentars aus den Handelsräumen der Credit Suisse. Er schliesst nicht aus, dass der erneute Covid-19-Ausbruch in China die Lieferkettenprobleme in der Solarindustrie sogar noch verschärfen könnte.

Bei aller Sympathie für die neue Führungsequipe, hätte ich mir gewünscht, dass das Unternehmen seine Aktionärinnen und Aktionäre früher informiert – und nicht erst, als in Internet-Foren bereits von sich verdichtenden Anhaltspunkten für Lieferschwierigkeiten nachzulesen war. Denn gerade in dieser Phase der Transformation hin zum vollintegrierten Anbieter ist eine reibungslose und transparente Kommunikation von elementarer Bedeutung – oder kurz gesagt: Schlichtweg ein Muss.

Kursentwicklung der Meyer-Burger-Aktien über die letzten zwei Wochen (Quelle: www.cash.ch)

Weitere wichtige Erkenntnisse erhoffe ich mir nun von der Halbjahresergebnisveröffentlichung vom kommenden Donnerstag, wobei dem Zahlenkranz selber wohl keine allzugrosse Bedeutung beigemessen werden dürfte.

Lange Monate mussten die Aktionärinnen und Aktionäre von Zurich Insurance warten. Doch nun ist das Werk vollbracht: Die Aktien des Versicherungskonzerns haben zurück auf über 400 Franken gefunden. Der Dividendenabgang vom April ist damit ausgemerzt.

Firmenchef Mario Greco und seine Belegschaft blicken denn auch auf eine sehr erfreuliche erste Jahreshälfte zurück. Mit weniger als 94 Prozent liegt die Combined Ratio auf dem tiefsten Stand der letzten 20 Jahre. Diese Kennzahl steht für das Verhältnis von Aufwendungen und Leistungen eines Versicherungsunternehmens zu den hierfür vereinnahmten Prämien, weshalb ihr viel Beachtung geschenkt wird.

Ein Kränzchen muss ich Greco auch für die milliardenschwere Übernahme von Geschäftsaktivitäten der amerikanischen MetLife winden. Regelmässigen Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen um meine Aversion gegen Grossübernahmen. Doch dieser Kauf scheint sich bezahlt zu machen, dürften die besagten Geschäftsaktivitäten firmeneigenen Angaben zufolge im laufenden Jahr doch nicht weniger als 80 bis 90 Millionen Dollar zum Konzernergebnis beitragen. Das ist allerhand.

Nächste Woche geht die Halbjahresberichterstattung hierzulande in die letzte Runde. Neben den SMI-Nachzüglern Swiss Life, Alcon und Geberit werden nicht weniger als 45 Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe ihre Zahlenkränze vorlegen und bei uns Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten für Schnappatmung sorgen.

Mehr zum Thema nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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