So empfiehlt das Finanzministerium in dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht zur Reform der Bankenregulierung strengere Eigenmittelanforderungen für die grösste Bank des Landes, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen. Darüber hinaus enthält der 339-seitige Bericht zum sogenannten «Too Big To Fail»-Regelwerk (TBTF) eine Fülle von weiteren Vorschlägen. Insgesamt werden 22 Massnahme zur Umsetzung empfohlen, allerdings auch Vorschläge verworfen.

Nachfolgend Reaktionen aus Wirtschaft und Politik:

Aymo Brunetti, Universität Bern: «Es ist ein umfassendes Paket, in dem die einzelnen Massnahmen im Wesentlichen gut aufeinander abgestimmt sind. Die Vorschläge geben eine Richtschnur vor, die wirklich Sinn macht. Entscheidend ist, dass das Paket nicht zu stark aufgeschnürt und abgeschwächt wird. Was ich besonders gut finde: Die Bedeutung der Abwicklungsplanung wird stark betont. Die Regierung verwirft die Option einer vorübergehenden staatlichen Übernahme sogar explizit. Schade finde ich, dass die Progression der Kapitalanforderungen nicht verschärft wird. Dass die UBS bei jeder Gelegenheit betont, wachsen zu wollen, macht mich nervös. Das macht das Problem noch grösser für die Schweiz. Und ein einfacher Ansatz wäre, die Progression deutlich steiler zu machen. Das hat der Bundesrat geprüft, aber verworfen.»

Finanzmarktaufsicht (FINMA): «Die Finma begrüsst die Stossrichtung des Berichts und befürwortet die Stärkung der Stabilität der Banken sowie die Erweiterung des Instrumentariums der Finma. Es ist wichtig, dass die Politik nun rasch handelt, um lose Enden in der Gesetzgebung zu verknüpfen. Die Finma unterstützt die präventiven Massnahmen zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Banken, insbesondere die Verbesserung der Kapitalqualität und des Liquiditätspuffers der Banken sowie die Einführung eines Senior-Manager-Regimes zur Stärkung der Governance der Institute. Zudem spricht sich die Finma dafür aus, dass die Krisenvorbereitung und die Abwicklungsfähigkeit der Banken verbessert werden und dass die Finma frühzeitig vor einer Krise intervenieren kann. Die Finma unterstützt auch die Stärkung der rechtlichen Grundlagen, damit sie offen kommunizieren und Bussen verhängen kann.»

Schweizerische Bankiervereinigung: «Es ist zentral, die richtigen Lehren aus der Krise der Credit Suisse zu ziehen und die Lücken im Schweizer Regelwerk gezielt zu schliessen. Das gelingt dem Bericht des Bundesrates stellenweise, insbesondere in den Bereichen Liquiditätsversorgung und persönliche Verantwortlichkeit. Dem Bericht fehlt jedoch ein klarer Fokus, und mit über 20 Massnahmen läuft er Gefahr zu überborden. Damit droht eine Regulierungswelle, die auch der Volkswirtschaft schaden würde. Im Vordergrund stehen aus Sicht der Schweizerischen Bankiervereinigung der Ausbau der Liquiditätsversorgung für alle Banken durch die Schweizerische Nationalbank (SNB), die Einführung des Public Liquidity Backstop für systemrelevante Banken sowie zielgerichtete Anpassungen in den Bereichen Vergütung und Verantwortlichkeit. Übergeordnetes Ziel muss sein, den Schweizer Finanzplatz wettbewerbsfähig zu halten. Wir setzen uns daher für eine zielgerichtete und massvolle Regulierung ein.»

Adriel Jost, Universität Luzern: «Der Bundesrat bestätigt seine Banken-Industriepolitik: Die TBTF-Grundsatzfrage: »Braucht die Schweiz überhaupt eine eigene globale Grossbank?« bejaht er klar. Dementsprechend hoch sollen die staatlichen Subventionen für die UBS gemäss den Absichten des Bundesrats bleiben. Die Anreize bleiben damit sehr ungünstig: Einerseits eine Bank, die unter dem Druck internationaler Investoren steht, möglichst hohe Renditen zu erzielen, und die darum beispielsweise aus betriebswirtschaftlichen Gründen ein weiteres Wachstum im Ausland anstrebt. Anderseits der Schweizer Steuerzahler, der im Notfall eingreifen muss, da er die Bank nicht untergehen lassen will oder kann. Das wird die Schweiz in einer nächsten Krise teuer zu stehen kommen, sei es durch die Notfallliquiditätsvergabe, eine Übernahme fauler Assets, eine Refinanzierung oder eine temporären Verstaatlichung. Dass eine leicht verstärkte Aufsicht im Vorfeld daran etwas ändern kann, ist eine mutige Wette.»

Peter V. Kunz, Universität Bern: «Der Vorschlag ist weder zu mutig noch zu zaghaft, ich würde sagen: typisch schweizerisch. Zudem hat es die Regierung offensichtlich nicht eilig, sondern will die Berichte der Parlamentarischen Untersuchungskommission und der Wettbewerbskommission abwarten. Zwischen den Zeilen lese ich: »Drücken wir die Daumen und hoffen wir, dass mit der UBS nichts passiert«. Ich mache der Regierung jedoch keinen Vorwurf, denn es sollten Massnahmen auf internationaler Ebene ergriffen werden: Die Schweiz kann nicht alles alleine machen, eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist unabdingbar.»

Andreas Ita, Orbit36: «Die Eigenkapitalanforderungen für die konsolidierte Gruppe bleiben unverändert, was angesichts der Tatsache, dass die Vorschriften bereits jetzt progressiv sind und bis 2030 zu einer höheren CET1-Anforderung führen werden, sinnvoll ist. Für UBS am relevantesten sind vielleicht die möglichen Änderungen der Eigenkapitalvorschriften für das Stammhaus. Sie könnten zu einem erheblichen zusätzlichen Kapitalbedarf führen, der über die Anforderungen für den konsolidierten Konzern hinausgeht.»

SVP: «Es gibt gute Elemente im Bericht des Bundesrates wie das Senior-Management-Regime, das vorsieht, dass Mitglieder der Geschäftsleitung zur Rechenschaft gezogen werden können, oder die Boni-Rückforderungsklausel. Gut ist auch, dass der Bericht nur auf systemrelevante Banken fokussiert. Im Übrigen wartet die SVP die Ergebnisse der Parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) ab, die Ende des Jahres vorliegen sollen.»

SP: «Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen reichen nicht aus, um den Bankensektor endlich griffig zu regulieren. Gerade der Verzicht auf schärfere Eigenkapitalkriterien ist absolut fahrlässig und verhöhnt die Steuerzahlenden, die bei der nächsten Krise für das hohe Risiko geradestehen müssen. Die Finma muss wirksame Sanktionen verhängen und die zuständigen Banker zur Verantwortung ziehen können. Um die Gefahr für die Volkswirtschaft zu minimieren und der Kultur der Straf- und Verantwortungslosigkeit ein Ende zu setzen, braucht es dringend höhere Eigenkapitalvorschriften und ein Boni-Verbot. Das Parlament muss höhere Eigenkapitalanforderungen an global tätige Grossbanken beschliessen.»

FDP: «Die FDP begrüsst, dass sich der Bundesrat mit der Begrenzung der Risiken von Grossbanken wie der UBS befasst. Im Vordergrund stehen dabei die Reduktion der Risiken für den Staat und die Steuerzahler sowie die Stärkung des Wettbewerbs, damit der Finanzplatz auch in Zukunft attraktive Arbeitsplätze bieten kann. In diesem Sinne ist es weiterhin wichtig, den Public Liquidity Backstop als dritte Verteidigungslinie einzuführen. Die FDP befürwortet Massnahmen, welche das Topmanagement bei Fehlverhalten stärker in die Pflicht nehmen. Die Erfahrung zeigt aber, dass nach Krisen eine Tendenz zur Überregulierung besteht. Wir brauchen gezielte Regulierungen, die auch im internationalen Umfeld Bestand haben.»

Gerhard Andrey, Nationalrat Grüne: «Der Bundesrat hat zwar erkannt, dass die Too-Big-to-Fail-Regulierung verschärft werden muss. Dem Bundesrat fehlt aber der Mut genügend strenge Massnahmen vorzuschlagen, welche das Risiko eines UBS-Crashs für die Schweiz verdaubar machen würde. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Massnahmen müssen nachgebessert werden. Wir Grüne fordern, dass die Eigenkapital- und die Liquiditätsanforderungen generell erhöht werden. Ausserdem muss die Finma die Kompetenz erhalten, Bussen auszusprechen. Klar ist auch, dass systemrelevante Banken für die Staatsgarantie eine Prämie entrichten müssen, wie das bei jeder anderen Versicherung auch der Fall ist.»

(Reuters)