Guinness, das dunkle irische Traditionsbier mit malzigem Geschmack, ist das beliebteste Stout in Grossbritannien. Doch Preiserhöhungen des weltgrössten Spirituosenkonzerns Diageo, zu dem Guinness gehört, verschaffen Wettbewerbern wie Heineken oder Anheuser-Busch die Chance, der Nummer Eins im Land Marktanteile abzujagen. Pubs in London bieten inzwischen zunehmend andere Stout-Marken an, manchmal auch mit dem Verweis, dass diese günstiger als die irische Marke sind. «Rebellion gegen die Guinness-Dominanz» nennt es Lee Williams, beim britischen Spirituosenhändler LWC Drinks für das Biersortiment zuständig.

Der Absatz von Stout-Bier stieg in Grossbritannien nach Angaben der British Beer and Pub Association im vergangenen Jahr um zwölf Prozent. Seit November 2021 kletterten die Verkäufe kontinuierlich, hauptsächlich angetrieben von Guinness. Laut dem Getränkemarktforschungsunternehmen IWSR ist das Vereinigte Königreich mit einem Volumen von 971 Millionen Dollar im Jahr 2023 der weltweit grösste Markt für Stout. Für Diageo ist Guinness die grösste Biermarke und der Konzern setzt darauf, mit dem Erfolg die schwächelnden Verkäufe anderer Spirituosen auszugleichen, auch mithilfe höherer Preise.

Pub-Betreiber sind sauer

Doch bei den Pub-Betreibern eckt der Konzern damit an, denn sie können die höheren Preise nicht immer direkt an ihre preissensiblen Kunden weitergeben. Das führt zu niedrigeren Margen bei Stout-Bier. Die Kneipe «Hope Fitzrovia» im Zentrum Londons erwirtschaftet nach den Worten von Eigentümer Philip O'Sullivan zum Beispiel bei Guinness eine Marge von 52 Prozent, beim Heineken-Stout Murphy's dagegen von 75 Prozent.

Shane Ranasinghe, der zusammen mit anderen Geschäftsführern sieben Pubs in Südlondon betreibt, beschwert sich bitter über Diageo. Der Marktführer habe nicht nur die Preise erhöht, sondern sei auch bei der Bereitstellung von Guinness-Gläsern restriktiver geworden und habe den technischen Support reduziert. Deshalb hätten er und andere damit begonnen, Konkurrenzmarken wie Murphy's anzubieten. Mit Schildern wiesen sie darauf hin, dass Murphy's mit 5,60 bis 5,90 Pfund pro Pint (0,56 Liter) rund ein Pfund billiger sei als Guinness. «Anfangs war es ein Kampf. Jetzt ist jedes vierte Pint Stout von Murphy's», sagt Ranasinghe.

Simon Clarke, dem «The Railway» im südlichen Londoner Stadtteil Tulse Hill gehört, nahm Murphy's ins Sortiment auf, nachdem Diageo die Preise für sein Guinness seit 2020 um rund 25 Prozent und zeitweise sogar dreimal im Jahr erhöht habe. Früher verkaufte er zehn Fässer Guinness pro Woche, heute stammt etwa ein Drittel davon von Murphy's. Der niederländische Brauereikonzern Heineken bestätigt den Trend: «Wir sehen immer mehr Lizenznehmer, die nach einer Alternative zum Marktführer suchen», erklärte Heineken gegenüber Reuters.

Alkoholfreies Guinness vom Fass

Guinness werde voraussichtlich die dominierende Marke bleiben, doch andere Marken könnten ebenfalls Erfolg haben, sagt Bierhändler Williams voraus. Junge Leute und Frauen kämen immer mehr auf den Geschmack von Stout. «Wir glauben, dass sie nach Alternativen suchen werden», sagte er. «Statt nur einer Marke könnte es drei oder vier grosse Marken geben.»

Guinness ist für Diageo ein dringend benötigter Lichtblick in Sachen Erträge. Der Konzern stand unter Druck, nachdem Umsatzrückgänge bei anderen wichtigen Marken wie Johnnie Walker Whisky in einigen Märkten im vergangenen Jahr zu einer Gewinnwarnung geführt hatten. Deshalb hat Diageo die anhaltende Dynamik bei Guinness zu einem zentralen Bestandteil seiner Wachstumsstrategie gemacht. Hoffnungen ruhen dabei auch auf die Einführung von alkoholfreiem Guinness vom Fass in Pubs ausserhalb Irlands. Derzeit testet das Unternehmen den Schritt im Londoner Pub «The Devonshire».

(Reuters)