UniCredit sicherte sich über Finanzderivate zusätzliche 11,5 Prozent der Anteile an der Commerzbank, wie das Mailänder Bankhaus am Montag mitteilte. Der Anteil könnte aber weiter ausgebaut werden: Die Italiener beantragten bei der Bankenaufsicht, ihre Beteiligung auf bis zu 29,9 Prozent zu erhöhen. Arbeitnehmer im Commerzbank- Aufsichtsrat werteten das Vorgehen als «völlig unangemessenen aggressiven Akt». Der Commerzbank-Vorstand kündigte an, weiter «strategische Optionen» prüfen zu wollen.

Die Finanzderivate mit eingerechnet, hat sich Italiens zweitgrösste Bank damit inzwischen rund 21 Prozent an Deutschlands zweitgrösster börsennotierter Bank gesichert. Damit wären die Italiener mit Abstand grösster Aktionär bei dem Frankfurter Institut - weit vor dem Bund, der noch rund zwölf Prozent hält. Die UniCredit hatte deutsche Banker und Politiker überrascht, als sie vor zwei Wochen eine Beteiligung von neun Prozent an der Commerzbank bekannt gab, die sie zur Hälfte vom Staat gekauft hatte. Dieser hatte angekündigt, sich von Anteilen an der Commerzbank trennen zu wollen.

UniCredit sei der Auffassung, dass in der Commerzbank erheblicher Wert stecke, hiess es in der Mitteilung der italienischen Bank. Dieser Wert könne entweder eigenständig hervorgebracht werden oder aber zusammen mit der UniCredit, zum Nutzen Deutschlands und der Aktionäre der Bank. «Wie im Fall der UniCredit erfordert dieses Potenzial jedoch Schritte, damit es sich entfalten kann», erklärte die Bank, die in Deutschland bereits mit der Münchner HypoVereinsbank aktiv ist.

«Das sieht ganz klar nach einer kompletten Übernahme der Commerzbank aus, das wäre eine feindliche Übernahme», sagte Finanzexperte Michael Grote zu Reuters. Dass UniCredit so schnell nachgelegt und den Anteil kräftig aufgestockt habe, deute darauf hin, dass man in Mailand Fakten schaffen wolle, sagte der Professor für Corporate Finance an der Frankfurt School of Finance & Management. «UniCredit hat jetzt eine bessere Ausgangslage mit diesem grossen Aktienpaket», sagte der Experte. «Damit wird ein gewisses Momentum geschaffen, während Berlin noch überlegt, wie das einzuschätzen ist.»

Die Bundesregierung sollte nach Auffassung der Arbeitnehmer für eine unabhängige Commerzbank kämpfen. Das Vorgehen der UniCredit «bestärkt uns darin, diese versuchte Übernahme abzulehnen und jetzt erst recht für eine unabhängige Commerzbank zu kämpfen», erklärte Commerzbank-Aufsichtsratsmitglied Stefan Wittmann. Der Commerzbank-Vorstand teilte mit, dass er strategische Optionen im Sinne seiner Stakeholder verantwortungsvoll prüfen werde. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz warnte, Deutschland drohe eine weitere international wettbewerbsfähige und am Kapitalmarkt orientierte Bank zu verlieren. Die Commerzbank sei eine «enorm wichtige Bank für den Wirtschaftsstandort Deutschland».

Ab 30 Prozent Anteilshöhe muss die UniCredit ein Übernahmeangebot für die restlichen Anteilsscheine an die übrigen Aktionäre unterbreiten. So weit wollte man offenbar noch nicht gehen, sagte Finanzexperte Grote. «Aber das ist ein wichtiger Schritt hin zu einer vollständigen Übernahme».

Die «Financial Times» berichtete am Montag, das Commerzbank-Management habe die deutsche Regierung gewarnt, dass eine mögliche Fusion mit UniCredit eine Bedrohung für Unternehmen in Europa darstellen könnte. Ein Zusammenschluss mit dem italienischen Konkurrenten könnte die Kreditvergabe an mittelständische Firmen behindern. Nach einer Fusion könnten Entscheidungen über Kredite und das Risikomanagement ins Ausland verlagert werden. UniCredit habe dem entgegnet, durch eine Fusion werde eine «paneuropäische» Bank mit «vollständig eigenständigen Rechtseinheiten» in allen Märkten entstehen.

Aus Kreisen des FDP-geführten Bundesfinanzministeriums erfuhr Reuters am Montag, dort unterstütze man die auf Eigenständigkeit ausgerichtete Strategie der Commerzbank. Das Vorgehen der Mailänder sei zur Kenntnis genommen worden. «Eine Übernahme unterstützen wir nicht. Dies haben wir Unicredit mitgeteilt.» Schon am Freitag war bekannt geworden, dass die Bundesregierung vorerst keine weiteren Aktien der Commerzbank verkaufen will. Die Commerzbank sei ein stabiles und ertragsstarkes Institut, dessen Strategie auf Eigenständigkeit ausgerichtet sei. «Dies begleitet der Bund bis auf Weiteres mit der Aufrechterhaltung seiner Beteiligung», hatte die Finanzagentur mitgeteilt. Die Commerzbank hatte den Bund zuvor gebeten, genau dies zu tun.

In Italiens Regierung werden die Übernahmeavancen der UniCredit positiv gesehen. Aussenminister Antonio Tajani sagte dem Sender Class CNBC am Montag, es sei mehr als legitim, dass ein italienisches Unternehmen versuche, einen Teil eines deutschen Wettbewerbers zu erwerben, so wie es auch normal sei, dass ausländische Firmen nach Italien kämen und dort Unternehmen aufkauften.

(Reuters)