Mark Spehn konnte am 8. Juni nicht zu der Party in die Villa am Meer nördlich von Tel Aviv kommen, zu der Milliardär Idan Ofer zur Feier des Börsengangs von Zim Integrated Shipping Services eingeladen hatte. Doch der 35-jährige Händler der Deutschen Bank hatte von seinem Londoner Schreibtisch aus einiges zu feiern.

Spehns riskante Wette auf die vormals Not leidende israelische Reederei könnte der Bank einen ihrer grössten Gewinne seit ihren "Big Short"-Wetten gegen US-Subprime-Wertpapiere vor mehr als zehn Jahren bescheren. Das Unternehmen surft mittlerweile auf der Welle nie dagewesener Frachtraten. Der Glücksgriff könnte der Deutschen Bank eine knappe Milliarde Dollar einbringen.

Geschichte von Zim geht auf Gründungsphase Israels zurück

Ab 2016 steckte der auf solche Schuldtitel spezialisierte Händler einen Betrag von weniger als 100 Millionen Dollar in Anleihen und Bankkredite von Zim, die mit hohen Abschlägen gehandelt wurden. Er erwarb ausserdem Aktien des Unternehmens für ein paar Millionen Dollar. Diese Investitionen sind nun sprunghaft gestiegen und könnten der Deutschen Bank einen Gewinn bescheren, der etwa einem Viertel ihres Gewinns aus dem letzten Jahr im gesamten Investmentbanking entsprechen würde.

Spehn begann kurz nach seinem Wechsel vom Broker SC Lowy zur Deutschen Bank, eine Position in Zim aufzubauen. Die Geschichte des Unternehmens reicht zurück bis zum Zweiten Weltkrieg, als es half, jüdische Einwanderer in ihre neue Heimat zu transportieren. 2014 kam es zu einer schmerzhaften Restrukturierung. Die verringerte zwar die Schuldenlast und reduzierte den Anteil von Mehrheitsaktionär Ofer, doch die damals niedrigen Frachtraten blieben ein Mühlstein.

Unbeirrt sah Spehn die Reederei als eine der Positionen, von denen er am meisten überzeugt war und setzte darauf, dass Konsolidierungsdruck, die Unterstützung durch Ofer und die Fortschritte des Managements bei der Digitalisierung und dem Schmieden von Allianzen fruchten würden. Wie zu hören ist, pilgerte er auf der Suche nach Investoren, die sich seiner Wette zuschliessen könnten, durch London. Doch angesichts der niedrigen Frachtraten sei die Idee schwer zu verkaufen gewesen.

Rekordraten

Goldman Sachs und Fidera, ein von einem ehemaligen "Deutschbanker" gegründeter Fonds, gehören zu den Unternehmen, die an Sekundärmärkten mit Abschlägen in Zim investiert haben, sowohl in Aktien als auch in Schuldtitel, so mit der Angelegenheit vertraute Personen. 

Während die Massnahmen des Managements von Zim in den letzten Jahren dazu beitrugen, das Geschäft zu verbessern, waren es letztendlich die Frachtraten, die das Schicksal des Unternehmens zum Besseren wendeten. Preise für Seecontainer begannen in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres zu steigen, als eine rasante Erholung der Nachfrage in Europa und den USA einsetzte, welche die durch die Lockdowns bereits gestressten Lieferketten weiter strapazierte.

In der Folge waren leere Seecontainer genauso knapp wie manche Konsumgüter, was die Raten auf Rekordniveaus steigen liess. Der Shanghai Containerized Freight Index, der Preise für Seerouten aus dem chinesischen Hafen abbildet, stieg letztes Jahr um 265 Prozent.

Zim ging im Januar an die Börse und hat seinen Wert mittlerweile verdreifacht. Für dieses Jahr hat das Unternehmen eine Sonderdividende angekündigt. Der Cashflow und die Bilanz dürften sich dieses Jahr weiter verbessern, so Analysten von Jefferies. "Die Börsennotierung bietet uns weitere Wachstumschancen und unsere Aktionäre haben uns dabei sehr unterstützt", sagte Finanzchef Xavier Destriau in einem Interview.

Der Zahltag ist gekommen

Die Deutsche Bank hat mittlerweile begonnen, Kasse zu machen: Sie verkaufte am 4. Juni Aktien im Wert von etwa 90 Millionen Dollar, womit ihr noch ein Anteil im Wert von etwa 645 Millionen Dollar bleibt. Einige Schuldtitel hat die Reederei bereits zum Nennwert getilgt, wobei die Deutsche Bank Gewinne realisierte. Damit dürften die Transaktionen um Zim zu den profitabelsten für die Bank gehören, seit Gregor Lippmanns Wetten gegen US-Subprime-Wertpapiere ihr knapp 2 Milliarden Dollar eingebracht hatten.

Ofer, der Zim in den letzten zehn Jahren finanziell unterstützt hatte, dürfte ebenfalls auf seine Kosten kommen. Der 28 Prozent-Anteil an Zim von Kenon Holdings, einer von Ofer kontrollierte Firma, ist mittlerweile 1,4 Milliarden Dollar wert.

Danaos, ein Leasinggeber, der 2014 seine Verträge in Eigenkapital umwandelte, strich nach dem Börsengang von Zim einen Gewinn von mindestens einer Viertelmilliarde Dollar ein. Weitere Investoren mit Positionen aus der Restrukturierung der Reederei sind Investmentfonds King Street Street Capiotal Management und Davidson Kempner Capital Management.

Deepak Natarajan, Geschäftsführer von King Street, sagte, aufgrund der geringen Liquidität der Aktie habe sein Haus mittlerweile einen deutlichen Anteil der Position in Zim verkauft.

(Bloomberg/cash)