Der unter Manipulationsverdacht stehende Zahlungsdienstleister Wirecard ist zum Jahresauftakt nicht so rasant gewachsen wie bisher. Die Corona-Krise belastete das Geschäft mit Reise- und Fluggesellschaften, wie Firmenchef Markus Braun am Donnerstag einräumte.

Auf der anderen Seite bestehe wegen der Pandemie ein Trend zur Digitalisierung und zum bargeldlosen Bezahlen, was Wirecard zu gute komme. Braun bekräftigte daher die Prognosen für das Gesamtjahr. Aktionären gefiel das - die Aktien legten zeitweise gut ein Prozent zu und waren einer der wenigen Gewinner im Leitindex Dax.

Wirecard sei in der Lage, dieses aussergewöhnliche Jahr zu meistern, versicherte Braun, dessen Macht im Konzern vergangene Woche vom Aufsichtsrat beschränkt wurde und dessen Rücktritt mehrere Investoren, allen voran die Fondsgesellschaft Deka, fordern. Wie sich die Corona-Krise im zweiten Quartal auswirke, lasse sich noch nicht abschätzen, Wirecard strebe aber weiterhin für das Gesamtjahr einen Betriebsgewinn (Ebitda) von 1,0 bis 1,12 Milliarden Euro an.

Asien und Europa als Wachstumstreiber

Vor allem in Asien und Europa rechnet das Unternehmen aus dem Münchener Vorort Aschheim mit Wachstum. Rückgänge im Touristikgeschäft würden durch Zuwächse im Geschäft mit Konsum- und Digitalgütern ausgeglichen. Wirecard wickelt für Händler und Konsumenten Zahlungen mit Karten und Smartphones ab und kassiert dafür Provisionen.

Im ersten Quartal kletterte der Umsatz vorläufigen Zahlen zufolge um knapp ein Viertel auf 700,2 Millionen Euro. Der Betriebsgewinn stieg um 26 Prozent auf 199,2 Millionen Euro. In jedem Quartal des vergangenen Jahres hatte Wirecard Umsatz und Gewinn jeweils deutlich stärker ausgebaut, teilweise um mehr als 40 Prozent.

Die Zahlen des ersten Quartals 2020 lägen unterhalb der Erwartungen, sagte Analyst Sandeep Deshpande von der Bank JP Morgan. Positiv sei jedoch die Prognosebestätigung. Ohnehin schaue der Markt derzeit nur auf die weitere Entwicklung in Sachen Betrugsvorwürfe, fügten die Analysten der US-Bank Goldman Sachs hinzu. Spätestens bei der Vorlage des Jahresabschlusses 2019 am 4. Juni müsse Wirecard Licht ins Dunkel bringen.

Wirecard sieht sich seit Jahren immer wieder Vorwürfen der falschen Bilanzierung vor allem bei Auslandstöchtern gegenüber. Um diese aus der Welt zu schaffen, hatte der Aufsichtsrat im Herbst eine Sonderprüfung durch KPMG starten lassen. Die Prüfer konnten allerdings viele Vorwürfe nicht entkräften, zudem warfen sie dem Wirecard-Management Versäumnisse bei internen Kontrollen vor. Die seit Herbst 2018 im Dax notierten Aktien sind daraufhin in die Tiefe gestürzt. Wirecard steht unter anderem deswegen im Visier der Finanzaufsicht, zudem gibt es Schadensersatzklagen von Anlegern.

(Reuters)