Der Deutschen Bank ist mitten in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten die Wende gelungen. Zum ersten Mal seit sechs Jahren erwirtschaftete die grösste deutsche Bank 2020 wieder einen Gewinn. "Wir haben in unserem Geschäft so starke Ergebnisse erzielt, dass wir die grossen Belastungen durch die Pandemie und den Umbau mehr als ausgleichen konnten", sagte Vorstandschef Christian Sewing am Mittwoch. Mit Abstand grösster Gewinnbringer war erneut das Investmentbanking, das Sewing durch den Umbau eigentlich schrumpfen wollte. Das Geschäft mit Privat- und Firmenkunden schwächelt nach wie vor. Experten bescheinigen der Bank dennoch Fortschritte.

Unter dem Strich erzielte die Bank einen Überschuss von 113 Millionen Euro. Ein Jahr zuvor hatte wegen des Umbaus ein Verlust von 5,7 Milliarden Euro zu Buche gestanden. "Wir sind auf einem wirklich guten Weg", schrieb Sewing in einem Brief an die rund 85'000 Mitarbeiter des Konzerns. "18 Monate nach Ankündigung unserer neuen Strategie liegt die Phase des intensivsten Umbaus hinter uns, und wir können uns nun noch mehr aufs Geschäft konzentrieren." Weltweit baut die Bank 18'000 Jobs ab, ganze Abteilungen wie der Aktienhandel wurden geschlossen, in Deutschland machen zahlreiche Filialen zu.

Im Investmentbanking sei es der Bank gelungen, gegenüber US-Rivalen Marktanteile zurückzuerobern, sagte Sewing. Wichtige Kunden machten wieder mehr Geschäft mit der Bank. "All das macht uns zuversichtlich, dass unsere Ertragszuwächse zu einem grossen Teil nachhaltig sind – auch wenn sich die Märkte dieses Jahr ein Stück weit normalisieren dürften", prognostizierte er. "Und ein sehr guter Start ins neue Jahr hat uns in dieser Zuversicht ganz und gar bestärkt." Das Ziel einer Eigenkapitalrendite von acht Prozent im kommenden Jahr habe er nach wie vor fest im Blick.

Milliardenverlust in der «Bad Bank»

2020 war das Investmentbanking die einzige Sparte, in der die Erträge angestiegen sind - und das gleich um ein Drittel. Der Handel mit Anleihen und Währungen brummte, Unternehmen und Staaten hatten wegen der Corona-Krise mehr Beratungsbedarf und waren an den Kapitalmärkten aktiver. Vor Steuern verdiente die Bank in dem Bereich 3,2 Milliarden Euro (2019: 502 Millionen Euro). Das war drei Mal so viel, wie sie im gesamten Konzern vor Steuern erzielte.

Milliardenhohe Verluste häufte das Institut in der Abbaubank an, in der sie nicht mehr gewünschte Vermögenswerte ausgelagert hat. Diese Wertpapiere werden verkauft oder laufen aus, hierbei entstehen oftmals Verluste. Auch die Privatkundenbank schloss das Jahr in den roten Zahlen ab. Vor Steuern stand ein Verlust von 124 Millionen Euro, er war jedoch nur halb so hoch wie 2019. Im Privat- und Firmenkundengeschäft kämpft die Deutsche Bank - wie ihre Wettbewerber in der Euro-Zone - seit Jahren mit den ultraniedrigen Zinsen, die Ertragswachstum schwer machen. Hinzu kamen im vergangenen Jahr mehr Belastungen durch drohende Kreditausfälle. Die Risikovorsorge stieg auf 1,8 Milliarden Euro - das war eine Milliarde mehr als 2019 nötig waren.

Dank des Investmentbankings legten die Gesamterträge 2020 um vier Prozent auf 24,03 Milliarden Euro zu. Gleichzeitig gingen die Kosten um 15 Prozent auf 21,2 Milliarden Euro zurück.

Kritik an Dominanz des Investmentbanking

Analyst Michael Rohr von der Ratingagentur Moody's stimmen die Ergebnisse zuversichtlich. Die Bank habe bei den Erträgen und den Kosten gute Fortschritte erzielt und sei so in der Lage, die Herausforderungen der weltweiten Pandemie zu meistern. Auch Portfoliomanager Benjardin Gärtner von der Fondsgesellschaft Union Investment, einer der Grossinvestoren der Bank, äusserte sich positiv. "Insgesamt lässt sich Herrn Sewing und seinem Team nach vielen sehr schwierigen Jahren in 2020 ein nennenswerter Fortschritt bescheinigen."

An der Börse herrschte dennoch Katerstimmung. Die Aktien drehten nach einem positiven Start ins Minus und waren mit einem Verlust von gut drei Prozent unter den grössten Verlierern im Leitindex Dax.

Regulatoren und manche Analysten kritisieren, dass das schwankungsanfällige Kapitalmarktgeschäft wieder eine so wichtige Rolle für die Deutsche Bank spielt. Sewing wollte durch den im Sommer 2019 angestossenen Konzernumbau eigentlich mehr Ausgeglichenheit zwischen den einzelnen Sparten erreichen. Die Corona-Krise machte ihm aber einen Strich durch die Rechnung.

(Reuters)