Die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag auf ihrer letzten geldpolitischen Sitzung in diesem Jahr, den Leitzins bei 4,50 Prozent zu belassen. Der am Finanzmarkt massgebliche Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, bleibt weiter auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent. «Die zukünftigen Beschlüsse des EZB-Rats werden dafür sorgen, dass die Leitzinsen so lange wie erforderlich auf ein ausreichend restriktives Niveau festgelegt werden», erklärte die EZB. Analysten sagten dazu in ersten Reaktionen:

Ulrich Kater, Chefökonom Dekabank: «Der völlig überraschende Schwenk der US-Notenbank Richtung baldiger Zinssenkungen setzt die EZB auf einmal unter enormen Druck, ihre Geldpolitik früher zu lockern als ihr lieb sein kann. Es wird eng für die Falken im EZB-Rat, die lieber noch eine weitere Beruhigung der Inflation abwarten wollen. Der Höhenflug der Leitzinsen ist wahrscheinlich schneller vorbei als viele Analysten geglaubt haben. Damit nehmen die Belastungen für Unternehmen, Finanzmärkte und insbesondere die Immobiliensektoren ab.»

Jörg Krämer, Chefökonom Commerzbank: «Hoffentlich belässt die EZB ihre Leitzinsen lange genug auf dem derzeitigen Niveau. Sie darf nicht wegen ein paar überraschend niedriger Inflationsdaten einknicken. Denn die Inflation sinkt vor allem deshalb, weil die massiven Preisanstiege bei Energie und Nahrungsmitteln sowie die Materialengpässe abebben. All das bremst zurzeit sogar die Preise für Dienstleistungen. Aber wegen der stark steigenden Löhne dürfte sich die Inflation später im kommenden Jahr eher bei drei als bei zwei Prozent einpendeln. Das Inflationsproblem ist noch lange nicht gelöst.» 

(Reuters)