Polens Verfassungsgerichtshof urteilte am Dienstag, dass der Notenbankchef von Abgeordneten des Parlaments nicht befragt werden darf. «Die Unterstellung der Zentralbank unter parlamentarische Kontrolle würde einen Verstoss gegen die Unabhängigkeit der Zentralbank darstellen», erklärte Verfassungsrichterin Krystyna Pawlowicz. Glapinski ist seit 2016 Gouverneur der Narodowy Bank Polski (NBP). Seine reguläre Amtszeit läuft 2028 aus.

Der Verfassungsausschuss des polnischen Parlaments will sich im September mit einem Antrag beschäftigen, Glapinski vor ein Staatsgericht zu stellen und beabsichtigt, ihn in diesem Zusammenhang zu befragen. Dem Notenbankchef wird von der Koalitionsregierung von Ministerpräsident Donald Tusk unter anderem Abhängigkeit von der früheren nationalkonservativen PiS-Regierung vorgeworfen. Allerdings ist auch der Verfassungsgerichtshof mit Richtern besetzt, die als PiS-nah gelten.

Glapinski wird unter anderem vorgehalten, mit dem Kauf von Staatsanleihen gegen das Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenpresse verstossen zu haben. Auch soll er das Finanzministerium über die Finanzergebnisse der Notenbank in die Irre geführt haben. Glapinski hat die Anschuldigungen stets zurückgewiesen.

Abgeordnete der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatten dagegen argumentiert, dass eine Anhörung von Glapinski gegen die Unabhängigkeit der Notenbank verstosse. Glapinski hatte auch Unterstützung seitens der Europäischen Zentralbank (EZB) erhalten. EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte Glapinski in einem Brief mitgeteilt, dass er den Fall vor den EU-Gerichtshof bringen könne. Die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken (ESZB) und der EZB biete Schutz, um die Unabhängigkeit der Gouverneure der nationalen Zentralbanken zu gewährleisten.

Ministerpräsident Tusk und seine pro-europäische Dreier-Koalition haben sich zum Ziel gesetzt, demokratische Standards in Polen wiederherzustellen, die aus ihrer Sicht während der achtjährigen Herrschaft der nationalkonservativen PiS-Partei ausgehöhlt wurden. Dabei stossen sie aber auf den heftigen Widerstand von Verbündeten der Vorgängerregierung in Schlüsselpositionen in der Justiz und in der Gesellschaft. 

(Reuters)