Seit Jahresbeginn ist die Marktkapitalisierung von Aktien mit Bezug zu künstlicher Intelligenz (KI) um 2 Billionen US-Dollar gestiegen, wie die UBS-Researchabteilung in ihrem täglichen Newsletter am Mittwoch berechnet hat. "Angesichts klarer Anwendungsfälle und solider langfristiger Sichtbarkeit glauben wir nicht, dass KI eine Blase ist. Wir empfehlen Anlegern jedoch, Unternehmen mit klaren Monetarisierungstrends in Betracht zu ziehen", schreiben die Autoren weiter.

Für KI-bezogene Unternehmen gebe es zwei Einnahmequellen: Die Infrastruktur und die Anwendung. Die meisten Ausgaben konzentrieren sich laut der UBS auf die Infrastruktur, weil für maschinelles Lernen erst grosse Datenmengen erstellt und mit ihnen trainiert werden müssen. "Angesichts der zunehmenden Anzeichen einer Ausweitung der KI-Nachfrage gehen wir jedoch davon aus, dass sich das Segment Anwendungen und Modelle mittel- bis langfristig als dominierende Kraft herausstellen wird", schreiben die Researcher weiter.

Zuversicht für ihre Prognose ziehe das UBS-Team aus dem rasanten Innovationstempo in diesem Jahr. "Infolgedessen erwarten wir eine Ausweitung des KI-Marktes von der Halbleiter- und Hardware-zentrierten Infrastrukturebene hin zur Software- und internetbasierten Anwendungs- und Datenmodellebene." Deshalb gehen die Autoren davon aus, dass die KI-Nachfrage global von heute 28 Milliarden bis 2027 auf 300 Milliarden Dollar anwachsen wird. "Das macht KI zu einem der am schnellsten wachsenden Segmente innerhalb der globalen Technologie."

«Tech-Sektor bietet abseits der grossen Fünf defensive Eigenschaften»

Die bekanntesten Player der Technologiebranche (Meta, Amazon, Apple, Netflix und Alphabet) sind grosser Volatilität am Aktienmarkt ausgesetzt, weshalb defensiv ausgerichtete Anleger diese oft meiden. "Doch der Technologiesektor wird in dieser Hinsicht unterschätzt", sagt Kent Hargis, Co-Chief Investment Officer bei AllianceBernstein. Dabei gebe es abseits der grossen Fünf viele hochwertige und profitable Technologieunternehmen, die hinter den Kulissen agieren. Hargis bezeichnet sie als sogenannte "Enabler", die den digitalen Wandel in Wirtschaft und Gesellschaft vorantreiben. Gemeint sind Hersteller von Computerhardware, Zahlungsdienstleister, Cloud-Computing-Anbieter und Chiphersteller. Diese Unternehmen verfügten über tragfähige Geschäftsmodelle und regelmässige Ertragsströme. 

Als Beispiel nennt Hargis Broadcom. Das Unternehmen sei ein weltweit führender Anbieter von Infrastrukturtechnologie und biete eine Reihe von Halbleiter- sowie Softwarelösungen an. "Angesichts der wachsenden Bedeutung Künstlicher Intelligenz ist das Unternehmen so positioniert, dass es von der Entwicklung vor allem als Anbieter von Handelssilizium für Hochgeschwindigkeitsnetzwerke profitieren kann", sagt Hargis von AllianceBernstein.

Solche Enabler würden den Sektor für Informationstechnologie übertreffen und seien ähnlich unempfindlich gegenüber Preisschwankungen wie traditionell defensive Werte aus der Gesundheit. "Investoren, die sich diese defensiven Eigenschaften für ihr Portfolio zunutze machen wollen, sollten bei der Unternehmensauswahl auf folgendes achten: beständige Cashflows, Profitabilitätskennzahlen wie den ROI und eine gewisse Stabilität, sprich eine im Vergleich zum Markt geringe Volatilität der Erträge", sagt Hargis.

Mehr Marktbreite im zweiten Halbjahr

Dass der S&P 500 seit Jahresanfang eine positive Rendite erzielt hat, liegt vor allem an sieben der grössten Unternehmen der Welt. "Diese Unternehmen entwickelten sich nach unserer Auffassung gut aufgrund ihrer soliden Bilanzen, Profitabilität, plattformähnlichen Dynamik und ihrem verstärkten Fokus auf Effizienz", schreibt Jonathan Curtis, Portfolio Manager bei Franklin Templeton.

Im zweiten Halbjahr sieht er Potenzial für eine grössere Marktbreite, weil die Zuversicht am Markt steige, dass das Ende des Zinsstraffungszykluses näher rückt. "Nach unserer Einschätzung bestehen für viele Unternehmen Chancen, ihr strukturelles Wachstumspotenzial in diesem Zeitalter von KI und generativer KI zu verbessern."