Joe Mansueto, der in drei Wochen 65 Jahre alt wird, gründete 1984 die Fondsanalysefirma Morningstar. Die Firma ging 2005 an die Nasdaq. Mansueto hält laut Bloomberg rund 44 Prozent direkt an Morningstar, auch deshalb wird sein Vermögen heute auf gegen 6 Milliarden Dollar geschätzt. Mansuteo ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Chicago, dem Hauptsitz von Morningstar. Laut übereinstimmenden Medienberichten steht Mansueto kurz vor der Übernahme des FC Lugano. Er ist bereits Besitzer von Chicago Fire FC, wo der Schweizer Raphael Wicky Trainer ist.

Das folgende Interview ist eine gekürzte Fassung der Originalversion vom April 2014.

cash: Herr Mansueto, Sie gründeten Morningstar 1984 mit einem Kapital von bloss 80‘000 Dollar. Sind Sie so etwas wie der 'American Dream'?

Ich bin nun seit 30 Jahren bei Morningstar, eine grossartige Zeit. Ich habe es genossen, das Unternehmen so aufzubauen, wie es heute ist. Ob im ersten oder im 30. Jahr von Morningstar ging es immer nur darum, den nächsten Wachstumsschritt zu implementieren, das Geschäft zu optimieren, Kunden zufriedenzustellen. Es hat immer Spass gemacht. Und die Märkte haben unsere Arbeit belohnt. Ich bin kein überaus materialistisch-orientierter Mensch. Ich wollte einfach eine solid wachsende und lange existierende Firma mit globaler Ausstrahlung aufbauen. Das ist uns gelungen. Wir sind nun in 27 Ländern aktiv.

Welchen Ratschlag können Sie Leute geben, die eine eigene Firma aufbauen wollen?

Baue eine Firma nicht wegen des Geldes auf, sondern wegen der Leidenschaft, die damit verbunden ist. Und man sollte nicht vergessen, dass der Aufbau ein langer Prozess ist. Es braucht Jahrzehnte, um ein Geschäft richtig zu etablieren. Klar kennt man Firmen wie Facebook, die sehr schnell gross geworden sind. Aber das sind die Ausnahmen. Die Arbeit bei Morningstar wirkt für mich nicht wie Arbeit, sondern wie Spass. Den zweiten Ratschlag, den ich geben kann: Baue eine Firma auf, die etwas Eigenes anbietet, die sich von anderen unterscheidet und deren Eigenständigkeit einen nachhaltigen Charakter hat. Die Leute sollten zu diesem Thema die Geschichte von Warren Buffett und seiner beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway lesen.

Ich nehme an, Sie kennen Buffett persönlich.

Ja. Er hat mir gerade vor ein paar Tagen eine E-Mail geschickt. Er lädt mich manchmal auch zu Verwaltungsrats-Nachtessen ein.

Was ist er für ein Mensch?

Er ist so, wie man ihn aus den Medien kennt. Ein prima Kerl. Sehr ethisch, einfühlsam, lustig und sachkundig. Buffett hat ein unglaubliches Gedächtnis. Wenn sie mit ihm reden, erinnert sich detailgetreu an Dinge, die 50 Jahre zurück liegen. Zum Beispiel an Investitionen, die er tätigte.

Sie teilen mit Buffett nicht bloss seine langfristige Investmentphilosophie, sondern auch gewisse Anlagevorlieben: Wie er investieren Sie in Medien. Sie kauften Finanzmagazine oder einen Anteil der 'Chicago Sun Times'. Dabei sind Medienhäuser seit Jahren in der Krise. Warum die Vorliebe?

Das geht einerseits zurück auf meine Zeit als Aktienanalyst, bevor ich Morningstar gründete. Damals deckte ich Medienunternehmen ab. Ich schrieb auch für Zeitungen. Investigativer Journalismus übernimmt die Rolle eines Wächters in unserer Gesellschaft, das fasziniert mich. Mich interessiert zudem guter Journalismus in Kombination mit einer starken Aufmachung und Design. Aber natürlich haben Sie recht: Das Internet brachte das traditionelle Businessmodell der Medienhäuser durcheinander. Für Investoren wandelte sich das Mediengeschäft von einem grossartigen Geschäft zu einem Business, das zwischen gut und ganz okay läuft. Ich denke, dass qualitativ hochstehender Inhalt in den Medien weiter belohnt wird und dass man mit Medienprodukten nach wie vor Gewinne machen kann. Dies gilt vor allem für Produkte und Brands, die auf verschiedenen Kanälen präsent sind. Das heisst etwa Print-Publikation gleichzeitig mit grosser Online-Präsenz und Veranstaltung von Konferenzen.

Vor drei Jahren unterschrieben Sie einen Aufruf von Warren Buffett und Bill Gates an alle wohlhabenden Amerikaner, dass sie mindestens die Hälfte ihres Reichtums spenden sollten. Warum taten sie das?

Ich hatte ein extrem glückliches Leben. Ich habe drei Kinder, die viel Geld zur Verfügung haben werden. Da stellt man sich die Frage, was man mit dem Rest des Geldes machen soll. Ich wusste schon früh, dass ich ein grosser Teil jenes Geldes weggeben würde, das ich nicht für den Lebensunterhalt und für die Familie benötigen würde. Daher war meine Unterschrift unter Buffets Aufruf etwas, das ich ohnehin getan hätte. Aber ich wollte mit meiner Unterschrift ein gutes Beispiel setzen. Ein Beispiel dafür, dass man nicht bloss an die persönlichen Interessen, sondern auch an das Wohl der Gesellschaft denken soll.

Reiche Europäer spenden auch, bloss die Amerikaner machen dies häufig öffentlich. Sollten die Europäer dies auch tun?

Meine Frau war ja anfänglich dagegen, dass ich meine Spenden öffentlich mache. Im Prinzip sind solche Dinge ja eine Privatangelegenheit, und ich verstehe, wenn das jemand auch so behalten will. Ich ging an die Öffentlichkeit, um, wie gesagt, ein Zeichen zu setzen.

Was bedeutet Reichtum für Sie?

Für mich haben die wichtigsten Dinge im Leben nichts mit Geld zu tun. Es ist die Familie, es sind die Freunde, die Werte im Leben, die man hat. Ich wollte und will unabhängig sein, das bezweckte ich auch mit dem Aufbau von Morningstar. Aber das Ziel war nie zwangsläufig Geld zu machen, sondern einfach eine gute Sache aufzubauen.

Ein wichtiger Wert in Ihrem Leben ist das Rennen. Wie oft trainieren Sie?

Ich renne sechsmal pro Woche jeweils vier Meilen, das gibt fast 25 Meilen pro Woche. Ich jogge schon seit 37 Jahren. Ich renne immer morgens, die Vögel zwitschern, ich fühle mich wohl. Als ich ein Twen war, rannte ich auch Marathon. Laufen ist eine Leidenschaft. Ich denke, das Laufen hilft im Leben. Es verhilft zu Disziplin, zu Entspannung, aber auch zu Ausdauer. Und das braucht man, wenn man ein Geschäft leitet. Das ist auch physisch anstrengend.

Ihre Marathon-Bestzeit?

3 Stunden und 30 Minuten. Das ist nicht die Zeit eines Superstars, aber ich bin zufrieden damit.