Es war ein Aufschrei der anderen Art: 2018 erhielt das britische Fintech-Startup Revolut eine Banklizenz und konnte sich in der Folge im Bankenwesen profilieren. Der pikante Unterschied zu klassischen Banken: Revolut kommt ohne Filiale, ohne seitenlange Dokumente und physische Unterschrift aus. Im Zentrum steht die App: Sie zeigt das Bankkonto und es können praktisch alle Schritte über sie abgewickelt werden.
Weil schon damals Kundinnen und Kunden in der Schweiz ein Konto bei Revolut eröffnen konnten, hinterliess das britische Startup auch hierzulande seine Spuren.
Die Reaktion der hiesigen Banken liess nicht lange auf sich warten, und so erhielt das britische Fintech sehr schnell Schweizer Konkurrenz. Doch wie konnte eine solche Innovation die Bankenszene in Aufruhr bringen? Wer mischt heute alles mit? Und wer bietet nebst der Bankkontoverwaltung Möglichkeiten zum Traden oder für die Altersvorsorge?
Dazu ein paar Antworten.
Phase 1: Der Schritt in die Welt der Apps
Revolut war die erste Neobank, die vorzeigte, was im Bankenwesen möglich ist: eine digitale Zukunft für die eigenen Finanzen, die vollständig über die Handy-App abgewickelt werden. Getrieben war dieser Schritt von den Millennials, die laut Studien Online-Diensten viel Vertrauen schenken. Entsprechend schreibt die Credit Suisse im Rahmen ihrer Supertrends, dass sich Millennials von klassischen Banken abwenden und das mobile Portemonnaie bevorzugen.
Revolut erkannte diesen Trend früh. Kombiniert mit einem bunten Auftritt in knalligem Violett, der die Wiedererkennung stark steigerte, einer Gratis-Kreditkarte mit im Vergleich sehr günstigen Fremdwährungs-Wechselkursen und einer benutzerfreundlichen App, erfreute sich Revolut schnell über wachsende Nutzerzahlen. Doch der britische Platzhirsch erhielt schon bald Konkurrenz.
Phase 2: Schweizer Banken machen auf Startup
Als Erstes kopierte eine ganz klassische Bank das neue Geschäftsmodell: Ende 2017 lancierte die Bank Cler, eine Tochter der Basler Kantonalbank, ihr Digital-only-Produkt Zak. Ein kostenloses Bankkonto, das lediglich über eine Handy-App verwaltet wurde.
Ein Jahr später ging dann Neon an den Start. Das Geschäftsmodell des Zürcher Startups lehnte sich stark an Revolut an: ein Konto, eine Karte und knallige Farben. Neon spannte dafür mit der Hypothekarbank Lenzburg zusammen, die im Hintergrund ihre Banklizenz zur Verfügung stellte.
Nach Neon kam Yapeal, welches mit einer Fintech-Lizenz startete und damit das erste Startup ohne eine klassische Bank im Hintergrund war.
Phase 3: Anti-Banken-Image
Der Fokus weg von der eigentlichen Bank hin zu einem digitalen Anbieter krempelt die Schweizer Bankenszene weiter um. Mittlerweile spielen auch die ganz Grossen mit:
2020 startet die Credit Suisse mit ihrem Digital-Konto CSX. Neu waren nicht nur die frisch aufgemachte App und die tieferen Gebühren, sondern auch die Ansprache der Kundschaft. Ob Banking nicht auch einfacher gehe, liess sich die CS selbst in der Werbung fragen. Die Antwort: Natürlich. Aber dafür muss man nicht zu einer Neobank. CSX war eine Kampfansage an die neuen Konkurrenten.
Im Jahr darauf startete Yuh, ein gemeinsames Projekt von Postfinance und Swissquote. Die beiden Banken haben sich als 50-50-Partner zusammengetan, wobei die Online-Bank Swissquote die Entwicklung der neuen App übernommen hat. Mit dem Claim «Zahlen, Sparen, Investieren: Alles in einer App» will sich auch diese Neobank auf dem Schweizer Markt profilieren. Die Du-Anrede, das junge Design und die animierten Figuren lassen nicht an eine Bank denken, auch wenn das eigene Geld im Zentrum steht. Die Besonderheit hier: Yuh will insbesondere auch Trader und Traderinnen anlocken und hat gleich auch noch den Aktienhandel in sein Basisangebot eingebaut.
Das Anti-Banken-Image wird von den Banken selber gepflegt, um bei der jungen Generation als hip und trotzdem vertrauenswürdig wahrgenommen zu werden. Das Buhlen um die junge Kundschaft steht noch immer am Anfang, denn die Möglichkeiten, die sich über Apps eröffnen, sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft.
Schweizer Anbieter und Angebote im Überblick
Neon
Der Name ist Programm: Neon ist eine Neobank. Als eine der ersten selbstständigen Neobanken trat Neon 2019 in den Schweizer Markt ein. Im Hintergrund stehen die Hypothekarbank Lenzburg als Partnerin für Bankdienstleistungen sowie die TX Group als Investorin. Bei Neon stehen das Bankkonto, die Karte sowie Zahlungstransaktionen im Zentrum.
Yuh
Das Gemeinschaftsprojekt von Postfinance und Swissquote vereint die Eigenschaften der beiden Mutterhäuser. Zahlungsverkehr und Konto von der Postfinance, Börsenhandel von Swissquote. Die beiden Banken wollen so das zunehmend vernachlässigte, junge Publikum zurückgewinnen. Nebst dem Handel mit Aktien positioniert sich Yuh insbesondere auch im Bereich der Kryptowährungen.
CSX
Im Herbst als neues Handy-Angebot von der Credit Suisse lanciert, hat CSX mittlerweile bei den meisten Retailkunden der CS das traditionelle Konto ersetzt. Das Angebot ist hybrid aufgesetzt: Die App ist modern und übersichtlich, gleichzeitig stehen den Kundinnen und Kunden aber auch klassische, analoge Bankdienstleistungen zur Verfügung.
Zak
Nicht die grösste, aber eine der stabilsten: Das ist die Neobank Zak, ein Startup aus dem Hause Bank Cler, das als erste Neobank mit eigenem Handy-Angebot überzeugte. Zaks Hauptziel ist es, jüngere Kundschaft anzuziehen, die mit der App ihre Finanzen im Griff hat und vorsorgen kann.
Flow Bank
Das Startup aus Genf ist in der Deutschschweiz wenig bekannt, obwohl die App vieles im Gepäck mitbringt: Konto mit Karte, aber auch eine Investment- und Trading-Plattform mit der Möglichkeit zu Fractional Trading und ersten Schritten mit Kryptowährungen.
Yapeal
Das Unternehmen ritt auf der ersten Welle stark mit. Es fokussierte sich vor allem auf die Kontoführung sowie die Säule 3a. Doch mittlerweile wurde es ruhig um die Neobank, während andere Schweizer Anbieter weiterwachsen.
Bei dieser breiten Auswahl von Schweizer Lösungen stellt sich die Frage, welchem Anbieter die Kundin vertrauen kann. Die Antwort könnte abhängig vom Angebot oder der Grösse der Neobank sein. Doch die meistgegebene Antwort ist um einiges banaler: Userinnen und User downloaden die App, die die besten Bewertungen verzeichnet.
Dieser Artikel erschien zuerst im Digitalangebot der "Handelszeitung" unter dem Titel: "Alles neu bei den Neobanken?"