Nach der jüngsten Pause dürfte die US-Notenbank auf ihrer nächsten Sitzung den Zinsgipfel endlich erreichen. Ein Schritt nach oben um einen viertel Prozentpunkt auf das neue Niveau einer Spanne von 5,25 bis 5,50 Prozent gilt unter Experten als praktisch gesetzt. Nur eine Minderheit in der Ökonomenzunft erwartet, dass die Federal Reserve im September noch nachlegt. Die US-Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell hatten in ihrem Ausblick Mitte Juni allerdings signalisiert, dass sie zur Bekämpfung der hohen Inflation noch bis zu zwei Anhebungen für dieses Jahr ins Auge fassen.

Sinkende Energiepreise sorgten zuletzt dafür, dass die Teuerungsrate in den USA im Juni auf 3,0 Prozent von 4,0 Prozent im Mai zurückging - der niedrigste Wert seit mehr als zwei Jahren. Die Zentralbank strebt allerdings einen Wert von 2,0 Prozent an. "Nachdem die Fed bei ihrer letzten Sitzung nach zuvor zehn Zinsschritten in Folge eine Pause eingelegt hat, ist eine weitere Anhebung des Leitzinses um 25 Basispunkte in der Juli-Sitzung wohl eine ausgemachte Sache", meint KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.

Dass der elfte Zinsschritt auch der letzte sein dürfte, erscheint aus Sicht der Ökonomin durchaus realistisch. Denn der Preisdruck habe zuletzt auf breiter Front nachgelassen. Jüngste Daten nährten zudem die Hoffnung, dass die Fed die Inflation unter Kontrolle bringe, ohne die Konjunktur zu sehr abzuwürgen. "Für diese sogenannte sanfte Landung muss jetzt langsam in den Segelflug übergegangen werden", erklärte die Expertin.

Fachleute erwarten «Milde Rezession»

Das sehen auch die Commerzbank-Experten Bernd Weidensteiner und Marco Wagner ähnlich: Ihrer Ansicht nach dürften in den kommenden Monaten die Anzeichen für eine weitere Abschwächung der Konjunktur zunehmen. Sie verweisen darauf, dass sich die Stimmung in der Wirtschaft bereits deutlich eintrübte und auch der private Verbrauch viel an Dynamik eingebüsst habe. "Die US-Wirtschaft wird nach unserer Erwartung wohl sogar in eine milde Rezession abrutschen", prophezeien die Volkswirte. Damit dürfte die Ära der Zinserhöhungen nun ans Ende gelangen. Doch sicher ist dies nicht. Der Chef des Fed-Bezirks New York, John Williams, hat darauf verwiesen, dass die Zentralbank mit ihren Projektionen und in ihrer Kommunikation signalisiert habe, dass sie noch einen Weg vor sich habe. Es gelte, die Geldpolitik auf einen ausreichend straffen Kurs zu bringen, damit die Inflation auf zwei Prozent zurückgehe.

Die Fed hat neben dem Auftrag zur Sicherung stabiler Preise auch ein Mandat zur Förderung von Vollbeschäftigung. Trotz der Zinserhöhungen erweist sich der Arbeitsmarkt bislang als sehr widerstandsfähig. Die US-Finanzministerin und frühere Notenbankchefin Janet Yellen bescheinigte den USA unlängst gute Fortschritte bei der Bekämpfung der Inflation. Auch der Arbeitsmarkt erweise sich als recht robust: "Ich erwarte keine Rezession", fügte sie hinzu.

Die US-Wirtschaft war im ersten Quartal mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 2,0 Prozent gewachsen. Für die am Donnerstag anstehenden BIP-Daten für das zweite Quartal erwarten von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten eine leichte Abkühlung auf 1,8 Prozent. Laut dem Fed-Konjunkturbericht "Beige Book" ist für die kommenden Monate im Allgemeinen von einem langsamen Wachstum auszugehen.

Helaba-Ökonom Patrick Franke geht davon aus, dass das am Mittwoch anstehende Kommuniqué der Fed zum Zinsbeschluss nur wenig neue Erkenntnisse über die künftige Geldpolitik liefern wird. In ihrem Ausblick hätten die Fed-Oberen zwar mehrheitlich bis zum Jahresende insgesamt zwei Zinsschritte avisiert. Ob dies noch die aktuelle Stimmung widerspiegele, werde Fed-Chef Powell vielleicht auf der Pressekonferenz thematisieren, meint Franke: "Grundsätzlich dürfte die Botschaft sein: Der Zinsgipfel ist mehr oder weniger erreicht – aber garantieren können wir das nicht." 

(Reuters)