Die Behörde rechnet für die EU und für die Eurozone mit einem Wachstum von 0,6 Prozent, wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten Schätzung hervorgeht. Damit senkt sie ihre Prognose zum zweiten Mal in Folge. Im September war die Kommission noch von einem Plus von jeweils 0,8 Prozent ausgegangen. Die deutsche Wirtschaft liegt nach den Erwartungen der Kommission unter dem Durchschnitt.

«Dies war ein herausforderndes Jahr für die EU-Wirtschaft, die durch die Auswirkungen des russischen Krieges in der Ukraine, schwache weltweite Nachfrage und höhere Verbraucherpreise in Mitleidenschaft gezogen wurde», sagte Kommissionsvize Valdis Dombrovskis. Nach dem sehr schwachen Wachstum in diesem Jahr sei für 2024 eine leichte Erholung zu erwarten, gestützt durch einen starken Arbeitsmarkt und eine weitere Abschwächung der Inflation.

Die jährliche Inflation in der Eurozone wird der Kommissionsschätzung zufolge von 5,6 Prozent 2023 auf 3,2 Prozent im Jahr 2024 sinken, während die Inflation in der EU von 6,5 Prozent in diesem Jahr auf 3,5 Prozent kommenden zurückgehen dürfte. Beim Wirtschaftswachstum rechnet die Behörde 2024 mit einem Plus von 1,3 Prozent in der Staatengemeinschaft - schraubte aber auch hier im Vergleich zur vergangenen Prognose (1,4) nach unten. Das Plus in der Eurozone 2024 schätzt die Behörde auf 1,2 Prozent (vorher 1,3). Für 2025 prognostiziert sie in der EU ein Wachstum von 1,7 Prozent (Eurozone: 1,6).

EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni sagte, zwar habe der sich ausbreitende Konflikt im Nahen Osten bisher nur begrenzte wirtschaftliche Auswirkungen ausserhalb der Region gehabt. «Aber die zunehmenden geopolitischen Spannungen haben die Unsicherheit weiter erhöht und riskieren, den Ausblick zu trüben.» Auch durch den langwierigen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine könne es weiterhin Störungen geben. Die wirtschaftlichen Entwicklungen der wichtigsten Handelspartner der EU, insbesondere in China, könnte ebenso Risiken bergen, hiess es von der Kommission.

Gleichzeitig könne die straffere Geldpolitik in Europa noch weitere Auswirkungen auf Unternehmen und Haushalte als erwartet mit sich führen. Darüber hinaus wirkten sich durch den Klimawandel häufigere extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen, Brände, Dürren und Überschwemmungen auf die Wirtschaft aus.

In Deutschland wird die Wirtschaft der Schätzung zufolge in diesem Jahr um 0,3 Prozent schrumpfen. Im September war für die grösste Volkswirtschaft der EU noch ein Rückgang von 0,4 Prozent vorhergesagt worden. Für 2024 rechnet die Behörde nun mit einem Wachstum der deutschen Wirtschaft von 0,8 Prozent (vorher 1,1), für 2025 mit 1,2 Prozent. Damit bleibt Deutschland unter dem erwarteten Durchschnitt in der Eurozone.

Als Ursache sieht die Kommission einen Kaufkraftverlust durch die hohe Inflation, die Verschärfung der Finanzierungsbedingungen belasteten zudem Konsum und Investitionen. Darüber hinaus habe sich die Auslandsnachfrage ungünstiger entwickelt als bisher angenommen, was zu einer Verschlechterung der Handelsaussichten führe. «In Zukunft dürfte die Inlandsnachfrage jedoch wieder anziehen, angetrieben durch einen Reallohnanstieg», hiess es.

Die «Wirtschaftsweisen» rechneten zuletzt mit einem Rückgang der deutschen Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent in diesem Jahr. Damit sind sie deutlich pessimistischer als noch im Frühjahr. Ebenso hatten sowohl die Bundesregierung als auch die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognosen zuletzt teils deutlich abgesenkt. Sie erwarten ebenfalls ein Minus um 0,4 bis 0,6 Prozent.

(AWP)