Die Flynt Bank hat gerade als Schweizer Fintech eine Banklizenz erhalten. Die Bank, deren Dienste sich nach eigenen Angaben für Personen mit einem Vermögen ab 25 Millionen Franken lohnen, ist bei der Zahl der Kunden inzwischen "fast in den zweistelligen Bereich" vorgedrungen. Das sagte CEO Stijn Vander Straeten in einem Interview mit Bloomberg.

Anders als andere Banken verkauft das Unternehmen keine Produkte oder Beratungsdienste. Viel mehr bietet Flynt eine Internet-basierte Plattform an, mit deren Hilfe private und institutionelle Kunden ihre gesamten Aktiva und Passiva an einem zentralen Ort verwalten können - von Aktien über Immobilien bis hin zu Kunstwerken und Oldtimern. Vor diesem Hintergrund versteht sich die Firma aus Zug auch nicht als direkter Konkurrent von traditionellen Banken und Vermögensverwaltern.

"Die Vermögenden werden immer professioneller", sagte Vander Straeten. "Früher genügte das klassische Bankenangebot, heute verlangen die Kunden mehr Transparenz und Einflussmöglichkeiten. Flynt bietet eine virtuelle Plattform, auf der Kunden jederzeit volle Transparenz und die Möglichkeit haben, ihre Vermögensdaten selber zu aggregieren."

Banken müssen Daten freigeben

Damit das Modell von Flynt funktioniert, müssen Banken oder Asset Manager - bei denen die Vermögen der Kunden liegen – den Zugang zu den Kundendaten zulassen. Vander Straeten ist zuversichtlich, dass das klappt. "Unser Kundensegment verfügt aufgrund seiner Vermögensgrösse über mehr Einfluss als ein Retailkunde und kann eine Bank eher dazu bewegen, uns den Zugang zu seinen Daten zu erlauben", sagte er. Nur einmal sei eine Vermögensverwaltung bislang nicht kooperativ gewesen. Der Kunde habe daraufhin sein Vermögen abgezogen und zu einer anderen Bank gebracht.

Gründer von Flynt ist Jan Schoch. Er war auch einer der Initiatoren von Leonteq. Den börsennotierten Anbieter von Derivate-Investments-Produkten aus Zürich hatte Schoch bis vergangene Woche als CEO geleitet. Dass in der Schweiz ein Unternehmen eine neue Bank-Lizenz erhält, läuft gegen den Trend. Allein im vergangenen Jahr reduzierte sich die Anzahl der Banken in der Schweiz von 266 auf 261, zeigen Daten der Schweizerischen Nationalbank. Zum Vergleich: 2007 verzeichnete das Land noch 330 Banken.

Von anderen Banken unterscheidet sich Flynt dadurch, dass sich die Gebühren nicht an der Höhe des Vermögens bemessen, sondern daran, wie komplex ein Vermögen zusammengesetzt ist. Ein Kunde mit mehreren Depotbanken und Rechtsstrukturen zahlt entsprechend mehr. Vander Straeten erwartet für nächstes Jahr eine jährliche Durchschnittsgebühr von 25'000 bis 50'000 Franken für die Nutzung der Plattform.

Millionäre mögen Automatisierung

"Aktuelle Kundenbefragungen zeigen, dass sich mehr als 66 Prozent der Dollar-Millionäre vorstellen können, ein Teil ihres Vermögens automatisiert verwalten zu lassen. Fintechs waren die ersten im Markt mit solchen Angeboten", sagte Tobias Wolf, Leiter Banking bei Capgemini Consulting in der Schweiz, gegenüber Bloomberg.

"Traditionelle Banken haben es in den vergangenen Jahren verpasst, entsprechende Produkte aufzubauen. Sie stehen nun vor der Herausforderung, diese Lücke schnell schliessen zu müssen - entweder durch die Entwicklung eines eigenen Angebots oder durch die Kooperation mit einem FinTech." Die Vaudoise Versicherungen investieren beispielsweise 15 Millionen Franken in den Fintech-Fonds von BlackFin Capital Partners, wie das Schweizer Versicherungsunternehmen Ende Juli erklärte.

Flynt beschäftigt aktuell 44 Mitarbeiter aus neun Nationen in Zug. Alles werde von der Schweiz aus gemacht, ein Offshoring finde nicht statt, sagte Vander Straeten, der selbst gebürtiger Belgier ist. Für den Moment stehen die Dienste von Flynt ausschliesslich in der Schweiz zur Verfügung. Doch über eine Expansion wird bereits nachgedacht. "Wir machen uns Gedanken über eine Ausweitung nach Deutschland, Grossbritannien und Singapur", sagte Vander Straeten.

(Bloomberg)