Das Übernahmefieber grassiert: Das Volumen von Firmenzusammenschlüssen mit deutscher Beteiligung ist 2018 auf den höchsten Stand seit elf Jahren gestiegen - trotz einer spürbaren Abkühlung im zweiten Halbjahr. Bis Freitag (14. Dezember) wurden Fusionen und Übernahmen im Volumen von 253,7 Milliarden Dollar angekündigt, 93 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie aus Daten von Refinitiv hervorgeht.

Ausländische Investoren waren dabei so aktiv wie seit 1999 nicht mehr: Die Übernahmen deutscher Unternehmen durch ausländische Käufer legten um 47 Prozent auf 92,5 Milliarden Dollar zu. Das Volumen innerdeutscher Transaktionen kletterte um 88 Prozent auf 53 Milliarden Dollar - den höchsten Stand seit zehn Jahren.

Verantwortlich für das höhere Volumen sind zahlreiche grosse Übernahmen. Die Zahl der Transaktionen mit deutscher Beteiligung ging dagegen um 13 Prozent auf 2099 Deals zurück - die niedrigste Anzahl seit 2013.

Weitere Schlaglichter aus den sogenannten "League Tables":

Erfolgreichste Berater:

* Die erfolgreichste Investmentbank in Deutschland ist in diesem Jahr Goldman Sachs, die bei 19 Deals für 149 Milliarden Dollar mitmischte. Im Vorjahr war das Institut auf dem fünften Rang gelandet. Die Deutsche Bank rückte mit 121,2 Milliarden auf dem zweiten Platz vor, nach Rang vier im Vorjahr. JP Morgan (106 Milliarden) rutschte vom ersten auf den dritten Platz zurück, dicht gefolgt von Morgan Stanley (105,5 Milliarden), die sich vom siebten auf den vierten Platz verbesserte.

* Weltweit fiel die Deutsche Bank auf den zehnten vom achten Platz zurück. Angeführt wird die Rangliste auch hier von Goldman Sachs mit Deals im Wert von 1,17 Billionen Dollar, gefolgt von Morgan Stanley (1,04 Billionen) und JP Morgan (857 Milliarden).

* In ihrem Heimatmarkt Deutschland verteidigte die Deutsche Bank im Geschäft mit Anleihen und anderen Schuldpapieren (DCM) mit einem Marktanteil von 7,7 Prozent den ersten Platz vor Unicredit (7,3 Prozent) und HSBC (6,6 Prozent). Das DCM-Volumen in Deutschland stieg 2018 um elf Prozent auf 407,5 Milliarden Dollar.

* Bei Kapitalerhöhungen, Platzierungen und Börsengängen (ECM) fiel die Deutsche Bank hierzulande dagegen vom ersten auf den zweiten Platz zurück. Die Spitzenposition eroberte JP Morgan, auf dem dritten Rang landete Goldman Sachs. Das ECM-Volumen sank um sechs Prozent auf 33,6 Milliarden Dollar.

Grösste Transaktionen:

* Die grösste Übernahme 2018 mit deutscher Beteiligung war die Übernahme des US-Mobilfunkanbieters Sprint durch die Telekom-Tochter T-Mobile US, die sich inklusive Schulden auf 58,7 Milliarden Dollar summierte.

* Auf dem zweiten Platz landet ein Deal ohne ausländische Beteiligung: Die Vereinbarung zwischen E.ON und RWE über einen Anteilstausch und die Zerschlagung der RWE-Ökostromtochter Innogy. Die komplexe Transaktion steht mit einem Volumen von insgesamt 44,3 Milliarden Dollar auf der Rangliste.

* Auf dem dritten Rang landet die Übernahme des Kabelnetzbetreibers Unitymedia durch den britischen Mobilfunkriesen Vodafone mit 21,8 Milliarden Dollar. Der britische Mobilfunkriese kauft einen Grossteil des Europa-Geschäfts von Liberty Global und schluckt neben Unitymedia auch die Aktivitäten in Tschechien, Ungarn und Rumänien.

* Auf den weiteren Plätzen folgen der Einstieg von Geely-Eigentümer Li Shufu mit 9,7 Prozent bei Daimler (8,9 Milliarden), die Übernahme der US-Firma Qualtrics durch den Softwarekonzern SAP (acht Milliarden) und der Kauf des US-Rivalen USG durch den fränkischen Gipskonzern Knauf (6,9 Milliarden)

Stimmen zu aktuellen M&A-Trends:

* "Wir gehen nach derzeitigem Stand der Vorbereitungen, die wir beobachten, davon aus, dass das Jahr 2019 an die erreichten Rekordvolumina bei Fusionen und Übernahmen anknüpfen wird. Wir sehen weiterhin eine starke Nachfrage von internationalen Käufern und anhaltenden Konsolidierungsdruck in den wichtigsten Branchen der deutschen Wirtschaft. Begünstigt wird diese Konstellation durch das andauernde Niedrigzinsumfeld und hohe Cash-Bestände. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen in Deutschland immer noch deutlichen Nach- und Aufholbedarf bei der Digitalisierung ihrer Produkte, Dienstleistungen und Prozesse haben. Technologie-getriebene Akquisitionen werden daher zusätzlich ein wesentlicher Treiber für die Übernahmeaktivitäten deutscher Unternehmen sein", sagt Jochen Czelecz, Co-Head Corporate Finance in Deutschland, Österreich und der Schweiz von BNP Paribas.

* "Wir hatten 2018 ein hervorragendes M&A-Jahr, insbesondere im ersten Halbjahr. Inzwischen gibt es eine Abschwächung. Dennoch erwarten wir, dass der M&A-Markt auch 2019 stark bleibt. Die Faktoren, die das M&A-Geschäft getrieben haben, bleiben bestehen: Die Zinsen sind historisch niedrig, den Unternehmen geht es gut und - zumindest in Europa - gibt es wenig Potenzial für organisches Wachstum", sagt Holger Knittel, Head of M&A in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei Citi.

* "Am strahlend blauen Himmel gibt es erste Wölkchen, unter anderem wegen einer etwas schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung in China und der US-Autokonjunktur. In den Vorstandsetagen wird viel diskutiert, werden mehr Szenarien durchgespielt, bevor man sich für eine M&A-Transaktion entscheidet. Nach acht bis neun Jahren möchte man vorsichtig agieren", sagt der Co-Chef von Lazard in Deutschland, Ken Oliver Fritz.

(Reuters)