Die Bestellungen legten dank Grossaufträgen um 7,0 Prozent zum Vormonat zu, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Das war das grösste Plus seit Juni 2020. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang von 2,0 Prozent gerechnet, nachdem es bereits im Mai mit 6,2 Prozent einen ungewöhnlich kräftigen Zuwachs gegeben hatte.

Im gesamten zweiten Quartal (April bis Juni) legten die Bestellungen damit um 0,2 Prozent im Vergleich zur Vorperiode zu. "Durch die beiden deutlichen Anstiege in den Monaten Mai und Juni ist der Auftragseinbruch im März von 10,9 Prozent also ausgeglichen worden", erklärten die Statistiker. Das Bundeswirtschaftsministerium sieht trotzdem keinen Grund zum Jubeln: "Dennoch bleiben die Aussichten für die Industriekonjunktur angesichts des weiter eingetrübten Geschäftsklimas und der schwachen Weltkonjunktur vorerst verhalten".

Das sehen auch Ökonomen so. "Wieder einmal eine faustdicke Überraschung, allerdings auf der erfreulichen Seite", sagte LBBW-Volkswirt Jens-Oliver Niklasch. Ist die Rezession am Ende nur ein böser Traum gewesen?" Er bleibe aber auf der Seite der Konjunkturpessimisten, wenn auch mit etwas weniger Überzeugung als zuvor. "Der Trend bei den Orders weist immer noch nach unten", goss auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer Wasser in den Wein. "Ich erwarte nach wie vor, dass die deutsche Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte schrumpfen wird."

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank schreibt: "Deutschland leidet derzeit vor allem noch unter dem schwachen Auftragseingang des Vorjahres. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr 2022 war das Verhältnis bei den Auftragseingängen ein deutlich anderes. Lediglich zweimal wurde ein Auftragsplus im Monatsvergleich bis Juni verbucht, in den restlichen Monat stand ein Minuszeichen zu Buche. Im zweiten Halbjahr 2022 setzte sich der schwache Auftragseingang fort. Da zwischen Auftragseingang und Industrieproduktion ein zeitlicher Versatz ist, machen sich die dürften Neubestellungen des Vorjahres erst jetzt bemerkbar. Im Umkehrschluss heißt dies jedoch: Die besseren Auftragseingänge des laufenden Jahres werden ihre positiven Wirkung erst noch entfalten werden."

Die Bestellungen aus dem Inland gaben im Juni gegen den Trend um 2,0 Prozent zum Vormonat nach, während die Auslandsnachfrage um 13,5 Prozent zulegte - die aus der Euro-Zone dabei um 27,2 Prozent. Einen besonders positiven Einfluss hatten der sogenannte sonstige Fahrzeugbau mit Plus von 89,2 Prozent. Dazu zählen der Bau von Schiffen, Schienenfahrzeugen, Luft- und Raumfahrzeugen sowie von Militärfahrzeugen. Auch im Maschinenbau gab es mit 5,1 Prozent ein kräftiges Wachstum, während die Hersteller von Kraftwagen und Kraftwagenteilen ein Minus von 7,3 Prozent meldeten.

(cash/Reuters)