Börsenprofis bewerten die Aussichten für die deutsche Wirtschaft im September erneut etwas weniger pessimistisch. Das Barometer zur Einschätzung der Konjunktur in den nächsten sechs Monaten stieg um 0,9 Punkte auf minus 11,4 Zähler, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner monatlichen Umfrage unter 160 Analysten und Anlegern mitteilte. Das ist der zweite leichte Anstieg in Folge. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Rückgang auf minus 15,0 Punkte gerechnet.

Das Barometer zur Einschätzung der aktuellen Lage fiel stärker als erwartet um 8,1 auf minus 79,4 Punkte. Das ist der niedrigste Wert seit drei Jahren, als die Corona-Pandemie durchschlug. «Die Lagebeurteilung sendet weiterhin ein starkes Rezessionssignal», sagte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger.

Zumindest gehen die Experten von einer leichten Entspannung in den kommenden Monaten aus. «Die positiveren Konjunkturerwartungen für Deutschland gehen mit einem deutlich optimistischeren Ausblick bezüglich der Entwicklung auf den internationalen Aktienmärkten einher», kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach die Entwicklung. «Dies ist zumindest teilweise der Tatsache geschuldet, dass der Anteil der Befragten, die von stabilen Zinsen im Euroraum und den USA ausgehen, weiter gestiegen ist.» Höhere Zinsen gelten als Gift für Konjunktur und Aktienmärkte.

«Darüber hinaus erwarten die Expertinnen und Experten eine weitere Lockerung der Zinspolitik in China», sagte Wambach. Bislang ist die Erholung der nach den USA zweitgrössten Volkswirtschaft der Welt von der Corona-Krise hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Darunter leidet auch die deutsche Wirtschaft, für die China der wichtigste Handelspartner ist.

Europas grösste Volkswirtschaft ist zuletzt drei Quartale in Folge nicht gewachsen. Einige Ökonomen gehen davon aus, dass sie im laufenden zweiten Halbjahr schrumpfen wird. Führende Institute haben deshalb ihre Prognosen für die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes (BIP) gesenkt. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) etwa geht von einem Minus von 0,5 Prozent für dieses Jahr aus, dem 2024 ein Wachstum von 1,3 Prozent folgen soll.

(Reuters)