Es ist eine Balanceakt: Mithilfe der Leistungsprämien könnte Sewing so genannte “Rainmaker”- Banker, die viel Neugeschäft hereinbringen - zum Bleiben bewegen. Dadurch könnte der CEO das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen sowie die Aktien- und Bondemissionen verteidigen, während die Bank gleichzeitig aus dem Aktienhandel aussteigt und der Handel mit Zinsprodukten verkleinert werden soll.

Aber Sewing hat auch zugesichert, im Rahmen des Umbaus die Kosten um 6,4 Milliarden Dollar zu senken. Dieses Versprechen grenzt seinen Spielraum bei den Boni stark ein. Seine Herausforderung besteht darin, die wichtigsten Mitarbeiter an Bord zu halten, und dabei gleichzeitig die Aktionäre nicht zu stark zu verärgern.

Das erinnert an die Zwickmühle, in der sich sein Vorgänger John Cryan vor zwei Jahren befand. Damals setzten die Top-Investmentbanker Cryan arg unter Druck, nach einem Jahr der drastischen Einschnitte wieder etwas spendabler bei den Boni zu sein. Der Brite gab schließlich nach, was dazu beitrug, dass die Bank in dem Jahr einen Verlust verbuchte. Wenige Monate später war Cryan seinen Job los.

Die Deutsche Bank entscheidet über die Boni im Dezember und Januar und zahlt diese im März. Sewings Spielraum ist dabei sehr begrenzt, auch weil es in den vergangenen Monaten einen neuerlichen Exodus von Top-Talenten aus der Investmentbank gegeben hat. Mehr als ein Dutzend profilierter Top-Manager aus den Bereichen der Investmentbank, an denen Sewing festhalten will, ist seit Mai zur Konkurrenz gegangen. Damals hatte er deutlich signalisiert, in der einst dominierenden Einheit Einschnitte vorzunehmen. Viele Spitzen-Performer bleiben nur, weil die Vergütung immer noch vergleichsweise gut ist, verlautete aus informierten Kreisen. Die Moral sei nach Jahren schrittweiser Kürzungen am Boden.

Die Bank deutet auf Neuzugänge und weist darauf hin, dass der Abgang von Mitarbeitern im Vergleich zu den vorangegangenen zwei Jahren nachgelassen hat. Mehr als 30 Managing Directors und Directors kamen seit Jahresbeginn in der Beratungseinheit (“Corporate Finance”) hinzu, sagte Investmentbank-Chef Mark Fedorcik in einem Telefoninterview.

“Wir zahlen für Performance, und unsere Kunden und das Team verstehen und unterstützen unsere Strategie und die Bereiche, in denen wir stark sind.”

Schrumpfender Gewinn

Sewing steht nun vor der schwierigen Frage, wie hoch der Bonuspool ausfallen soll, nachdem das Vorsteuerergebnis in der Investmentbank in den ersten neun Monaten des Jahres um 47% gefallen ist. Im vergangenen Jahr hat die Deutsche Bank 1,9 Milliarden Euro für die Leistungsprämien ausgegeben. Die Bank hat bereits erklärt, dass der aktuelle Bonuspool die schrumpfende Belegschaft widerspiegeln wird, die im bisherigen Jahresverlauf um 5% zurückgegangen ist. Auch der Ausstieg aus dem Aktienhandelsgeschäft solle berücksichtigt werden, hieß es.

Investmentbanker europäische Banken müssen sich in diesem Jahr insgesamt auf geringere Boni einstellen. Sewing hatte zugesagt, “wettbewerbsfähige” Prämien zu zahlen, solange sich die Investmentbank gut entwickelt - und auch wenn die Bank inmitten des radikalsten Umbaus ihrer Geschichte steckt. Im Juli hatte Sewing die Streichung von 18'000 Stellen und den Rückzug aus dem Aktiengeschäft bekannt gegeben. In den nächsten Wochen wird er abermals eine sehr wichtige Entscheidung zu treffen haben.

(Bloomberg)