US-Präsident Donald Trump hat China wiederholt Diebstahl geistigen Eigentums und bei Unternehmen erzwungene Technologietransfers vorgeworfen. Um für einen Ausgleich zu sorgen, kündigte er zuletzt neben Stahlzöllen zusätzliche Abgaben an und verschärfte damit den Handelsstreit zwischen den beiden grössten Volkswirtschaften der Welt. China bremsen wird er damit aber wohl nicht: Die Volksrepublik ist Patentexperten zufolge unaufhaltsam auf dem Weg, die technologische Lücke zu den USA zu schliessen. Spätestens in zehn Jahren dürfte China aufgeschlossen haben. In einigen Bereichen sogar schon früher.

Die Aufholjagd geht auf das Bildungssystem zurück, das über die Jahre deutlich besser geworden ist. Von einer Million Chinesen werden Daten der Weltbank zufolge inzwischen 1177 Forscher. Das ist drei Mal so viel wie noch in den 1990er Jahren, Tendenz weiter steigend. In den USA sind es mit 4321 pro eine Million zwar deutlich mehr. Das wird aber durch die wesentlich grössere Bevölkerung Chinas ausgeglichen. "Mit der Zahl an Wissenschaftlern, die China jedes Jahr ausbildet, wird es letztendlich aufschliessen - unabhängig davon, was die USA tun", sagt David Shen von der Kanzlei Allen & Overy.

Hinzu kommen die deutlich gestiegenen Ausgaben für Forschung und Entwicklung. Waren es in den 1990er Jahren nur 0,7 Prozent der Wirtschaftsleistung, sind es inzwischen 2,1 Prozent. Damit erreicht China zwar noch nicht den US-Wert von 2,75 Prozent. Aber die Quote nähert sich dem Durchschnitt der Industriestaaten-Organisation OECD von 2,3 Prozent an.

Vor diesem Hintergrund werten Experten die Zusage von Chinas Präsident Xi Jinping, ausländische Technologien schützen zu wollen, weniger als Zugeständnis im Handelsstreit mit den USA, sondern als neues Selbstvertrauen des Landes. In Bereichen wie Telekommunikation und Online-Zahlungen sei China anderen Ländern bereits weit voraus, sagt Investment-Experte Richard Titherington vom Vermögensverwalter JP Morgan Asset Management. In einigen Städten werde fast nur noch mit Smartphones bezahlt, Kreditkarten seien nahezu ausgestorben. Viele Amerikaner dagegen "stellen noch Schecks aus".

"Sie brauchen nicht mehr lange"

Bei Chips, Robotern und Biotechnologie gibt es Experten zufolge noch einiges zu tun für China. Bei den Patentanmeldungen hat das Riesenreich im vergangenen Jahr bereits Japan überholt und steht damit nach den USA an zweiter Stelle. Sollte hier die jährliche Wachstumsrate von 13,4 Prozent beibehalten werden, überholt China die USA bereits in einem Jahr. Doch die Anzahl der Anmeldungen ist nicht alles. Betrachtet man die Qualität der Patente dauert es länger, sind sich Experten einig. Von chinesischen Unternehmen hat es lediglich der Smartphone-Hersteller Huawei in die Clarivate-Analytics-Liste der 100 innovativsten Firmen geschafft. Bei der Beurteilung wird auch der Einfluss auf andere berücksichtigt.

"Die Chinesen sind bei einigen grossen Konzernen ganz erfolgreich", sagt Technologieanwältin Gabriela Kennedy von der Kanzlei Mayer Brown JSM. Bei den kleineren Firmen sei jedoch noch wenig Innovation zu entdecken. "Dafür werden sie aber nicht mehr lange brauchen."

Um die technologische Weiterentwicklung Chinas aufzuhalten, sollten die USA eher die Produkte beschränken, die sie an chinesische Firmen lizenzierten, empfehlen Kennedy und ihre Anwaltskollegen. Zudem sollte die Definition für Handelsgeheimnisse breiter angelegt werden. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten. Sollten die USA die Offenlegung von Technologie gänzlich untersagen, könnten sie sich auch selber schaden, warnt Ling Ho, Partner bei der Kanzlei Clifford Chance. "Das trifft US-Firmen genauso."

(Reuters)