Der Grundsatz lautet: Ehepaare sollen künftig wie unverheiratete Paare besteuert werden und zwei getrennte Steuererklärungen ausfüllen. Ende 2022 hatte der Bundesrat die Vernehmlassungsvorlage dazu verabschiedet, gedacht als indirekter Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung (Steuergerechtigkeits-Initiative)» der FDP Frauen. Die Initiative empfiehlt der Bundesrat zur Ablehnung.

Bei der Mehrheit der Parteien fiel die Vorlage in der Vernehmlassung durch. Der radikale Umbau des Systems in der Ehepaarbesteuerung schaffe neue Ungerechtigkeiten, lautete der Tenor.

Trotzdem treibt der Bundesrat das Projekt voran, das das Parlament im Rahmen der Legislaturplanung verlangt hatte. Der Wechsel zur Individualbesteuerung soll seiner Meinung nach positive Erwerbsanreize setzen, eine zivilstandsunabhängige Besteuerung sicherstellen und die vom Bundesgericht als verfassungswidrig gerügte Heiratsstrafe beseitigen.

Höherer Kinderabzug

Gegenüber der ursprünglichen Vorlage will der Bundesrat aber Änderungen anbringen. Der Kinderabzug bei der direkten Bundessteuer soll neu von 6600 auf 12'000 Franken erhöht werden. In der Vernehmlassung waren noch 9000 Franken vorgeschlagen worden.

Hingegen soll auf den Abzug für Haushalte mit nur einer erwachsenen Person verzichtet werden. Auch für Ehepaare mit nur einem Einkommen ist kein spezieller Abzug vorgesehen.

Die Individualbesteuerung ist gemäss den Bundesratsplänen auf allen Staatsebenen vorgesehen. Die Kantone müssten die Reform somit auf Kantons- und Gemeindeebene umsetzen. Offen sind die Auswirkungen auf die kantonalen Steuern.

Auch Rentnerehepaare sollen profitieren

Anpassen will der Bundesrat den Steuertarif. So sollen die Steuersätze für tiefe und mittlere Einkommen abgesenkt und für sehr hohe Einkommen leicht erhöht werden. Die Tarifanpassungen ermöglichten eine gleichmässigere Entlastungswirkung der Reform über die Einkommensklassen, schrieb der Bundesrat.

Mit dem Systemwechsel ergeben sich gemäss heutiger Schätzung insbesondere steuerliche Entlastungen für Ehepaare mit eher gleichmässiger Einkommensaufteilung. Dies betrifft auch zahlreiche Rentnerehepaare. Unverheiratete Personen ohne Kinder erfahren dank der Absenkung des Steuertarifs im Durchschnitt ebenfalls eine Entlastung.

Für Ehepaare mit nur einem Einkommen oder einem niedrigen Zweiteinkommen führt die Reform bei der direkten Bundessteuer laut dem Bundesrat hingegen zu gewissen Mehrbelastungen. Dies betrifft insbesondere Ehepaare mit nur einem Einkommen und Kindern.

Bei unverheirateten Personen mit Kindern führt der Wegfall des heutigen privilegierten Steuertarifs in der obersten von zehn Einkommensklassen gemäss heutiger Schätzung zu gewissen Mehrbelastungen, während die Absenkung der Steuersätze und die Erhöhung des Kinderabzugs diesen Effekt bei den unteren und mittleren Einkommensklassen voraussichtlich kompensieren dürften.

Langer Streit um das Wie

«Insgesamt ist die Anzahl Personen, die durch die Reform steuerlich entlastet werden, deutlich höher als die Anzahl jener, die eine Mehrbelastung erfahren», schrieb der Bundesrat. Basierend auf diesen Eckwerten wird der Bundesrat bis im März 2024 die Botschaft zum Bundesgesetz über die Individualbesteuerung zuhanden des Parlaments erarbeiten.

Insgesamt geht der Bundesrat bei der direkten Bundessteuer bezogen auf das Steuerjahr 2024 von schätzungsweise rund einer Milliarde Franken Mindereinnahmen pro Jahr aus. Davon trägt der Bund rund 800 Millionen Franken und die Kantone rund 200 Millionen Franken. Bis die Reform umgesetzt wird, dürfte es aber noch Jahre dauern.

Zwar sind sich die meisten politischen Kräfte insofern einig, dass die steuerliche Benachteiligung von Ehepaaren gegenüber unverheirateten Paaren bei der direkten Bundessteuer endlich aufgehoben werden sollte. Über das zu wählende Modell der Besteuerung herrscht indessen nach wie vor grosse Uneinigkeit, wie die Vernehmlassung zum Entwurf des Bundesrats erneut gezeigt hat.

Heute werden in der Schweiz verheiratete Paare und gleichgeschlechtliche Paare, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, gemeinsam besteuert. Gehen beide Personen einer Erwerbstätigkeit nach, müssen sie wegen der Progression höhere Steuern bezahlen als Konkubinatspaare mit zwei getrennten Steuerveranlagungen.

(AWP)