Die Liste der Schandtaten, die in letzter Zeit bei der Credit Suisse begangen wurden, ist vielfältig und umfangreich: Die sträfliche Vernachlässigung von Risiken bei Archegos und Greensill, die Bespitzelung von Führungskräften und der Skandal in Mosambik. Die kulturelle Fäule sitzt tief.

Nach der Sanierung der britischen Lloyds Banking geniesst Horta-Osorio in der Schweiz den Ruf eines Unternehmensretters. Seinen Plan zum Umbau der Credit Suisse wil er bis Ende des Jahres präsentieren. In der Zwischenzeit wird in den oberen Rängen des Unternehmens informierten Kreisen zufolge von einigen um Unterstützung geworben für den Fall, dass es Differenzen über die einzuschlagende Richtung gibt. Ein Sprecher der Bank lehnte eine Stellungnahme ab.

Für die rund 48'000 Mitarbeiter des Konzerns ist das Warten auf den strategischen Neustart eine Qual. Für die Investmentbank, die von vielen für die Missstände verantwortlich gemacht wird, wird die Axt geschärft. Das Personal ist in heller Aufregung. Man fragen sich, welche Bereiche überleben. 

Warum dauert das so lange?

Zwar gibt es ein gewisses Einvernehmen, dass Veränderungen im Rahmen des Umbaus nicht vom Zaun gebrochen werden dürften. Viele fragen sich dennoch: Warum dauert das so lange? Horta-Osorio habe nicht genug darauf geachtet, wie sich der Stillstand auf die Mitarbeiter auswirke, sagen mehrere Altgediente im Unternehmen. Einige Banker haben 2021 abgeschrieben und planen, bis 2022 durchzuhalten. Vorausgesetzt, sie springen nicht vorher ab.

 “Nichts zu tun, ist enttäuschend und es wird mit der Zeit immer kostspieliger”, sagt Arturo Bris, Finanzprofessor an der Schweizer IMD Business School. “Das ist exponentiell. Es gibt ein Zeitlimit - sechs bis neun Monate - in dem Kunden, Investoren und Mitarbeiter sehen müssen, dass etwas passiert.”

Rivalen an der Wall Street feiern fröhliche Urständ

Die Kapitalverknappung in Teilen der Investmentbank, insbesondere in der Prime-Broking-Einheit, die Archegos als Hebel diente, scheint bereits ihren Tribut zu fordern, ebenso wie der Weggang vieler Leistungsträger im Deals-Geschäft. Die Konkurrenz nimmt gute Leute mit Handkuss. 

Während die Credit Suisse auf ein verlorenes Jahr blickt, feiern ihre Rivalen an der Wall Street inmitten eines Booms im Aktienhandel und bei Fusionen und Übernahmen fröhliche Urständ. Die Erträge der Citigroup aus dem Aktienhandel und dem Investmentbanking stiegen in den drei Monaten bis September um rund 40 Prozent. Bei der Bank of America ging es in den Bereichen um ein Drittel bzw. ein Viertel nach oben. 

“Wir gehen davon aus, dass zumindest ein Teil dieser Entwicklung darauf zurückzuführen ist, dass die Banken Anteile von der Credit Suisse übernommen haben”, sagt Alison Williams, Senior Analystin bei Bloomberg Intelligence. Die Uhr tickt.

(Bloomberg)