Erreicht werden soll das durch den Einsatz besonders grosser Bauteile und Module, wodurch die Produktionszeit je Fahrzeug deutlich sinkt: "Wir schauen uns im Moment verschiedene Konzepte an, um in der Trinity-Fertigung eine hohe Zahl an Einzelteilen einzusparen. Dazu gehören auch der Einsatz von Grossgussbauteilen sowie von warm geformten Teilen", gibt VW-Produktionsvorstand Christian Vollmer der Nachrichtenagentur Reuters Einblicke in die Produktionsprozesse der Zukunft. Durch Grossteile fallen im Karosseriebau Arbeitsschritte beim Schweissen und Kleben weg. Das erleichtert auch das Lackieren.

«Ein Auto in zehn Stunden bauen»

Perspektivisch soll die Zahl um mehrere hundert Bauteile je Auto verringert werden. Das wirke sich auf die gesamte Prozesskette aus, erläutert Vollmer, der auch für die Logistik zuständig ist. "Das ist ein wichtiger Beitrag, um unser Ziel zu erreichen, ein Auto in zehn Stunden zu bauen." Die verbleibenden Tätigkeiten sollen mit Hilfe von Robotern ergonomisch so gestaltet werden, dass sie für die Arbeitenden weniger belastend sind. Die Fertigung werde vernetzt, hoch digitalisiert, die Logistik werde in Echtzeit eingebunden und bekomme den Bedarf an Teilen zeitgleich elektronisch vom Lager mitgeteilt.

Verglichen mit der Produktion des SUV Tiguan im Stammwerk, wo ein Fahrzeug in 18 Stunden gefertigt wird, entsprächen zehn Stunden fast einer Halbierung der Zeit. Damit will VW zum US-Rivalen Tesla aufschliessen, der rund 200 Kilometer weiter östlich in Grünheide bei Berlin gerade seine neue Fabrik eröffnet hat, in der das SUV Model Y hochautomatisiert vom Band läuft. Für Volkswagen-Chef Herbert Diess ist eine effiziente Produktion neben Batteriekosten wettbewerbsentscheidend, um Tesla in einigen Jahren als Marktführer bei E-Autos abzulösen.

3500 Mitarbeitern und 700 Roboter

In Grünheide setzt der US-Elektroautobauer grosse Pressen ein, mit denen zunächst der hintere Teil der Fahrzeuge aus Aluminium gegossen wird. Irgendwann soll auch der vordere Wagen ausschliesslich gegossen werden. Die Produktion eines Tesla dauert etwa zehn Stunden. Ähnlich macht es der Konzern in seinem Werk in Shanghai. "Durch den Guss, bei dem 6000 Tonnen Druck ausgeübt werden, fallen Arbeitsschritte weg", sagte ein Sprecher bei der Werkseröffnung vergangene Woche. In der Fabrik mit anfangs rund 3500 Mitarbeitern sind 700 Roboter eingesetzt. Bei der Endmontage werden Teile von drei Seiten angeliefert. Zwei grosse Roboter, intern "King Kong" und "Godzilla" genannt, heben die Karosserien jeweils in den nächsten Produktionsschritt.

Tesla hat die Nase vorn - aber VW holt auf

VW bastelt noch am Konzept für die neue Fabrik, die 2026 ans Netz gehen soll. In den nächsten Wochen will man entscheiden, mit welchen Massnahmen genau die Zahl der Bauteile reduziert werden kann. "Gleichzeitig prüfen wir, welche Rohstoffe bei den Materialien zum Einsatz kommen. Hier haben wir auch die Preisentwicklung im Blick", sagt Vollmer. Ein wichtiges Thema sei die Nachhaltigkeit. Die Reduzierung des CO2-Fussabdrucks in der Produktion sei wesentlicher Teil der Bemühungen um eine klimaneutrale Mobilität.

Mit der bisherigen Produktivitätssteigerung um fünf Prozent pro Jahr werde VW Tesla nicht einholen, betont Vollmer. Dazu sei ein Sprung nötig, der weit über das hinausgehe. Massstab waren für Volkswagen lange die japanischen Autobauer, allen voran Toyota. Mittlerweile hätten die französischen Hersteller Stellantis und Renault die Fertigungszeiten in Europa deutlich verringert.

Anders als Tesla, der die Bauteile direkt im Werk Grünheide herstellt, will VW Grossteile in seinem Kasseler Komponentenwerk fertigen und mit der Bahn nach Wolfsburg heranschaffen. Der Karosseriebau bei Trinity soll zudem deutlich kleiner dimensioniert sein als in den bisherigen VW-Werken, weil Arbeitsschritte automatisiert und zusammengefasst werden.

Der Quantensprung

In der Trinity-Fabrik will VW Fahrzeuge auf der neuen SSP-Architektur (Scalable Systems Plattform) bauen, auf der in einigen Jahren über alle Marken hinweg rund 40 Millionen E-Autos stehen sollen. Diese elektrische Superplattform soll ab 2026 schrittweise die Architekturen mit Verbrennungsmotor (MQB, MSB, MLB) und vollelektrischem Antrieb (MEB, PPE) bei seinen Marken VW, Skoda, Seat, Audi und Porsche ablösen. Tesla-Chef Elon Musk hat sich bis 2030 20 Millionen E-Autos zum Ziel gesetzt.

Der Quantensprung in der Produktivität wird möglich, wenn die enorme Zahl an Fahrzeugvarianten bei VW zusammengestrichen wird. Mehrere Millionen möglicher Varianten - Motorisierung, unterschiedliche Teile für Links- und Rechtslenker, Ausstattung, Farbe, Bereifung und andere Details - sind ein Hemmschuh für die Produktion. Denn das erfordert eine aufwändige Logistik, wenn das richtige Teil immer zielgenau herangeholt werden muss. Auch das soll sich mit Trinity ändern.

Die Mitarbeiterzahl steht noch nicht fest. Vier Jahre vor Produktionsstart sei das auch nicht üblich, sagt Vollmer. Klar sei aber: "Im Vergleich zur Golf- oder Tiguan-Linie werden wir die Montage des Trinity mit weniger Personal schaffen." Personal baut VW üblicherweise durch Vorruhestandsregelungen ab. Ein grösserer Stellenabbau sei kein Thema.

(Reuters)