Der liberale Amtsinhaber setzte sich demnach in der zweiten Runde am Sonntag laut ersten Prognosen mit 57 bis 58 Prozent der Stimmen gegen seine rechte Konkurrentin durch. Le Pen gestand ihre Niederlage umgehend ein und gab sich zugleich mit Blick auf die im Juni anstehenden Parlamentswahlen kämpferisch. Das Spiel sei noch nicht vorbei, rief sie ihren Anhängern zu.

Die Stichwahl war eine Neuauflage des Wahlduells der beiden von 2017, bei dem allerdings noch rund zwei Drittel der Wähler ihr Kreuz für Macron gesetzt hatten. Sein erneuter Triumph über die rechte Euroskeptikerin gilt als richtungsweisend für den weiteren Kurs Frankreichs. Das Land hat derzeit turnusgemäss den Ratsvorsitz in der EU inne und setzt sich für eine engere Zusammenarbeit ein - auch in Sicherheits- und Verteidigungsfragen. Le Pen will die Europäische Union hingegen durch ein "Europa der Nationen" ersetzen. Sie ist zudem für ein Ende der Rüstungskooperation mit Deutschland und hat damit in Zeiten des Ukraine-Krieges bei westlichen Partnern Frankreichs Sorge vor einem französischen Sonderweg ausgelöst.

Europäische Länder freuen sich

EU-Ratspräsident Charles Michel gratulierte Macron zum Wahlsieg. "In diesen stürmischen Zeiten brauchen wir ein starkes Europa und ein Frankreich, das sich voll und ganz für eine souveränere und strategischere Europäische Union einsetzt", twitterte Michel. Diese Wahl sei eine Richtungswahl, erklärte FDP-Chef und deutscher Finanzminister Christian Lindner. Damit sei das vereinte Europa die grösste Gewinnerin dieser Wahl. "Ich tanze!", jubelte SPD-Chefin Saskia Esken auf Twitter. Mit einer deutschland- und europafeindlichen Präsidentin Le Pen wäre die EU in die Handlungsblockade gerutscht, meint der Ökonom Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW).

Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Kollegen aus Spanien und Portugal, Pedro Sanchez und Antonio Costa, hatten die Bürger in Frankreich offen davor gewarnt, eine "Kandidatin der extremen Rechten" zu wählen, die sich auf die Seite der Gegner der Demokratie und Freiheit stelle. Le Pen war wegen ihrer früher offen zur Schau getragenen Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin im Wahlkampf in die Defensive geraten. Sie verurteilte den russischen Einmarsch in die Ukraine zwar. Zugleich musste sie sich aber für einen früheren Kredit einer russischen Bank an ihre Partei rechtfertigen. Zudem lehnt sie einen Importstopp für russisches Gas kategorisch ab.

Macron hatte in seiner ersten Amtszeit Reformen angestossen und unter anderem die Steuerlast der Firmen gesenkt sowie den verkrusteten Arbeitsmarkt aufgebrochen. Die Arbeitslosigkeit sank und das Land entwickelte sich unter Macrons Führung zu einem Magneten für Direktinvestitionen. 

(Reuters)