Nach ukrainischen Angaben sind dort neben ukrainischen Kämpfern trotz einiger Evakuierungen immer noch rund 200 Zivilisten eingeschlossen. In Brüssel berieten die EU-Staaten unterdessen über einen Stopp von Ölimporten aus Russland. Russlands Präsident Wladimir Putin unterzeichnete ein Dekret, mit dem Rohstoff-Lieferungen an Unternehmen im Westen sofort gestoppt werden können.

Laut der Nachrichtenagentur RIA teilte das russische Verteidigungsministerium mit, dass in Mariupol ukrainische Stellungen zerstören würden, die während eines von der UN vermittelten Waffenstillstands errichtet worden seien. Ein Polizeibeamter aus Mariupol erklärte gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Sender Suspine, dass die russischen Streitkräfte mit dem Versuch begonnen hätten, das Stahlwerk einzunehmen. Weitere Zivilisten seien in Bunkern und Tunneln unter dem Komplex eingeschlossen, und etwa 100.000 Menschen hielten sich im Rest der Stadt auf, sagte Bürgermeister Wadym Bojtschenko.

Die russischen Truppen versuchen derzeit, den gesamten Donbass im Osten der Ukraine zu erobern, wo prorussische Separatisten seit 2014 einige Gebiete in den Bezirken Luhansk und Donezk kontrollieren. Bei der russischen Offensive in der Ostukraine wurden am Dienstag nach Angaben des ukrainischen Präsidialbüros mindestens drei Zivilisten in der Stadt Wuhledar getötet. Nach Angaben des ukrainischen Militärs versuchten die russischen Streitkräfte, die Stadt Rubischne an der Frontlinie einzunehmen.

Einen Angriff gab es auch in der Nähe des Hafens von Odessa. Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums wurden dort Drohnen und Munition zerstört, die von den Vereinigten Staaten und europäischen Verbündeten an die Ukraine geliefert worden waren. Die Ukraine bestätigte einen Raketeneinschlag in Odessa.

Seit dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine am 24. Februar haben die russischen Bombardements mehrere Städte verwüstet. Tausende Zivilisten starben. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind mehr als 5,5 Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen. Die Regierung in Moskau bezeichnete ihr Vorgehen als Sondereinsatz zur Entmilitarisierung und Entnazifizierung des Nachbarlandes. Westliche Staaten sprechen dagegen von einem Angriffskrieg und Verbrechen gegen die ukrainische Zivilbevölkerung.

Johnson sendet Videobotschaft

In einer Videobotschaft an das ukrainische Parlament unterstützte der britische Premierminister Boris Johnson den Kampf. "Ich habe heute eine Botschaft für Sie: Die Ukraine wird gewinnen, die Ukraine wird frei sein", sagte Johnson laut einer von seinem Büro zur Verfügung gestellten Abschrift der Ansprache.

Papst Franziskus sagte in einem am Dienstag veröffentlichten Interview, dass er um ein Treffen mit Putin in Moskau gebeten habe. Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete Putins Politik unterdessen erneut als imperialistisch und sagte, er werde Finnland und Schweden unterstützen, wenn sie sich für einen Nato-Beitritt entscheiden sollten.

EU-Staaten beraten über Ölembargo

In Brüssel berieten die 27 EU-Staaten am Dienstag weiter über ein mögliches Ölembargo gegen Russland. Widerstand dagegen gibt es etwa aus Ungarn und der Slowakei, die sehr stark vom Import russischen Öls abhängen. Sollte sich die EU auf ein Importverbot verständigen, will sich die Slowakei nach eigenen Angaben des dortigen Wirtschaftsministeriums um eine Ausnahmeregelung bemühen.

Putin unterzeichnete ein Dekret für wirtschaftliche Vergeltungssanktionen gegen den Westen. Der Erlass sei eine Reaktion auf "unfreundliche Handlungen bestimmter ausländischer Staaten und internationaler Organisationen", teilte das Präsidialamt in Moskau mit. Dem Dekret zufolge verbietet Russland unter anderem die Ausfuhr von Produkten und Rohstoffen an Personen und Organisationen, gegen die es Sanktionen verhängt hat. Die Regierung hat den Angaben zufolge nun zehn Tage Zeit, um eine Sanktionsliste mit Namen betroffener Personen und Unternehmen zu erstellen.

Der deutsche CDU-Vorsitzende Friedrich Merz traf in Kiew auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu einem Gespräch.

(Reuters)