"Einige Leute versuchen uns mit Hilfe der Wirtschaft zu bedrohen, durch Zinsen, Devisenkurse, Inflation und Anlagen", sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Samstag auf einer Veranstaltung seiner AK-Partei. Er reagierte damit auf die Herabstufung seines Landes durch mehrere US-Rating-Agenturen. Zudem hatte US-Präsident Donald Trump am Freitag mit weiteren Sanktionen gegen den Nato-Partner gedroht. Anleger rechneten damit, dass auch in der neuen Woche auf den Finanzmärkten lasten werde. In Deutschland forderte SPD-Chefin Andrea Nahles trotz der Differenzen mit Erdogan müsse der Türkei notfalls geholfen werden.

Die Türkei werde sich nicht denjenigen ergeben, die sich als strategischer Partner gerierten, die Türkei aber in Wirklichkeit zu einem strategischen Ziel machen wollten, sagte Erdogan mit Blick auf die USA. "Wir durchschauen das Spiel und wir werden uns dagegen wehren."

Der Konflikt mit den USA um einen in der Türkei unter Hausarrest stehenden US-Pastor Andrew Brunson hatte in den vergangenen Wochen zu einem massiven Kursverfall der Landeswährung Lira geführt. Am Freitag hatten die Rating-Agenturen Moody's und S&P die Kreditwürdigkeit des Landes noch tiefer in die Ramschzone herabgestuft. S&P berief sich auf die extreme Volatilität der türkischen Währung. Für das kommende Jahr sagte die Agentur eine Rezession voraus. Das Rating wurde von "BB-" auf "B+" gesenkt, der Ausblick blieb stabil.

Moody's erklärte zur Begründung, die staatlichen Institutionen der Türkei würden geschwächt, wodurch die Vorhersagbarkeit der türkischen Politik schwieriger werde. Das Rating wurde auf "Ba2" auf "Ba3" herabgesetzt, der Ausblick auf negativ geändert. Ein schlechteres Rating zieht üblicherweise steigende Kosten für die Verschuldung nach sich.

Analysten pessimistisch

Zu dem Druck auf die Türkei trug auch der US-Präsident bei, der zu Reportern am Freitag mit Blick auf Brunson gesagt hatte, dies werde nicht einfach hingenommen. Türkische Behörden verdächtigen den US-Bürger zu den Unterstützern der Putschisten gehört zu haben.

Analysten sehen allerdings nicht nur in dem Verhältnis zu den USA die Ursache für den Kursverfall der Lira und drohende konjunkturelle Eintrübungen. Sie sehen auch in Erdogans Geld- und Wirtschaftspolitik eine der Ursachen für das schwindende Vertrauen. "Auch wenn sich die Situation an den Börsen zuletzt etwas beruhigt hat, ist die Krise noch immer akut und dürfte die Märkte weiterhin massgeblich beeinflussen", sagte der Chef-Analyst der Privatbank Donner & Reuschel, Carsten Mumm, voraus.

"Es kann die Situation entstehen, in der Deutschland der Türkei helfen muss" sagte Nahles den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dies müsse dann "unabhängig von den politischen Auseinandersetzungen" mit Erdogan geschehen. "Die Türkei ist ein Nato-Partner, der uns nicht egal sein kann. Es ist in unser aller Interesse, dass die Türkei wirtschaftlich stabil bleibt und die Währungsturbulenzen eingedämmt werden." Führende Politiker von FDP und Grünen mahnten in der "Augsburger Allgemeinen", mögliche Hilfen an Bedingungen wie Achtung der Demokratie zu knüpfen. Erdogan wird kommenden Monat zu einem Staatsbesuch in Berlin erwartet.

China sprach unterdessen der türkischen Regierung das Vertrauen in die Fähigkeit aus, das Land in eine stabilere wirtschaftliche Lage zurückzuführen. Chinas Top-Diplomat, Regierungsbrater Wang Yi, sprach nach Angaben des Aussenministeriums in Peking bei einem Telefonat mit dem türkischen Aussenminister Mevlüt Cavusoglu demnach von "temporären Schwierigkeiten".

(Reuters)