Westliche Spitzenpolitiker vereinbarten mit der russischen Führung für den heutigen Samstag kurzfristig mehrere Krisengespräche. US-Präsident Joe Biden und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin haben ein Telefonat vereinbart. Erwartet werden auch ein Gespräch Putins mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und eine Unterredung der Aussenminister der USA und Russlands, Antony Blinken und Sergej Lawrow. Bundeskanzler Olaf Scholz reist am Montag nach Kiew und am Dienstag nach Moskau, wo er mit Putin zusammentrifft.

Am Samstag schloss sich Deutschland der Warnung vor Reisen in die Ukraine wegen eines drohenden Krieges an. Deutsche in der Ukraine rief das Auswärtige Amt auf, das Land möglichst zu verlassen. Die USA und eine Reihe weiterer Länder hatten bereits ihre Bürger in der Ukraine aufgefordert, das Land aus Sicherheitsgründen umgehend zu verlassen. Die USA hatten am Freitag geäussert, ein Angriff Russlands auf die Ukraine könne unmittelbar bevorstehen. Russland wies derartige Pläne erneut zurück und sprach von Falschinformationen.

Blinken sagte am Samstag auf einer Reise in der Pazifik-Region, die USA und ihre Verbündeten seien für alle Szenarien vorbereitet. Was Putin vorhabe, sei ihm unklar. "Ich hoffe weiter, dass er nicht den Pfad erneuter Aggressionen wählt, sondern den Pfad der Diplomatie und des Dialogs", sagte der US-Aussenminister. "Wenn Präsident Putin sich für militärische Massnahmen entscheidet, werden wir in Abstimmung mit Verbündeten und Partnern in aller Welt rasch harte Sanktionen verhängen." Die USA würden die Fähigkeit der Ukraine zur Selbstverteidigung sowie ihre Nato-Partner in Osteuropa stärken. Nach Angaben von US-Regierungsvertretern und der polnischen Regierung stocken die USA ihre Truppen in dem Nato-Partnerland Polen um 3000 weitere Soldaten auf.

Russland hat an der Grenze zur Ukraine mehr als 100.000 Soldaten zusammengezogen. Zudem hat Russland Manöver mit dem Verbündeten Belarus nördlich der Ukraine sowie im Schwarzen Meer südlich des Landes begonnen. Russland hatte die Halbinsel Krim 2014 von der Ukraine annektiert und unterstützt Separatisten im Osten des Landes. Die USA halten einen Angriff Russlands auf die Ukraine jederzeit für möglich. Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan hatte am Freitag gesagt, Russland habe genug Streitkräfte für einen grösseren Militärschlag mobilisiert. Russland hatte die Anschuldigungen umgehend zurückgewiesen.

Biden hatte sich am Freitag in einem Krisengespräch mit den Staats- und Regierungschefs mehrerer Verbündeter wie Deutschland ausgetauscht. Wie das US-Präsidialamt mitteilte, herrschte bei der Frage nach Sanktionen gegen Russland im Falle eines Angriffs auf die Ukraine Einigkeit. Die Verbündeten seien bereit, Russland mit massiven Konsequenzen und hohen wirtschaftlichen Kosten zu belegen.

(Reuters)