Als der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz zu Beginn dieser Woche zu Gast bei seiner deutschen Amtskollegin Angela Merkel in Berlin war, gaben sich die beiden Regierungschefs nicht einmal mehr sonderlich grosse Mühe, die bestehenden Differenzen zu verbergen.

Während Merkel sich demonstrativ hinter den Gesetzentwurf ihres Finanzministers Olaf Scholz stellte, der vorsieht, dass der Kauf von Aktien künftig mit 0,2 Prozent besteuert wird, legte Kurz den Finger genüsslich in die Wunde. Er wies daraufhin, dass Scholz es nicht, wie ursprünglich geplant, auf Spekulanten und deren Derivatehandel abgesehen habe, sondern seine Steuer vor allem Aktionäre und Kleinanleger treffen würde.

Sein Land werde dessen Entwurf auf EU-Ebene daher ablehnen, beschied Kurz der deutschen Kanzlerin kühl. Was bedeuten würde, dass die erforderliche Mindestbeteiligung von zehn Staaten an der Regelung nicht mehr gewährleistet wäre.

Suche nach Konsens

Merkel zeigte sich zwar offen für weitere Gespräche mit den anderen teilnehmenden EU-Staaten, machte aber zugleich deutlich, dass die Folge nicht sein dürfe, "dass mit einer Veränderung dann gleich fünf andere Länder wieder abspringen". Um die Schwierigkeiten bei der Suche nach einer konsensfähigen Finanztransaktionssteuer zu betonen, bemühte die Kanzlerin ein besonders griffiges Sprachbild und sprach von einer "sehr schwierigen Kiste".

Die Wortwahl der Bundeskanzlerin lässt in ihrer Schlichtheit aufhorchen. Laut Wörterbuch handelt es sich bei einer "schwierigen Kiste" um eine extrem vertrackte und verfahrene Angelegenheit, die derart kompliziert ist, dass eine Lösung womöglich nicht zustande kommt. Überhaupt hat das Wort Kiste etwas Endzeitliches. Beispielsweise wenn man davon redet, dass jemand in die Kiste, sprich: in den Sarg, steigt.

Es bleibt unklar, was die Kanzlerin jetzt genau gemeint hat. Aber Finanzminister Scholz wäre auf jeden Fall gut beraten, sich schon mal nach einer anderen Finanzquelle für die von der SPD so heiss geliebte deutsche Grundrente umzuschauen. Denn die Finanztransaktionssteuer, die nach den Plänen von Scholz rund 1,5 Milliarden Euro einspielen sollte, wird zumindest in dieser Form wohl niemals kommen. Egal, ob sie sich jetzt nur als schwierige Kiste entpuppt oder gleich in selbiger verschwindet.

(Bloomberg)