Trump sei im Frühling klargeworden, dass er die Wahl im November verlieren könne, erklärte der demokratische Abgeordnete Joseph Neguse am Mittwoch vor dem Senat. Deswegen habe er begonnen, "unter seinen Anhängern die Samen des Zorns zu säen" mit der Behauptung, eine Niederlage könne nur auf Wahlbetrug zurückgehen. Im Laufe des Tages sollten Trumps Anwälte auf die Vorwürfe antworten. Sie haben jede Verantwortung des Republikaners für die Erstürmung des Kapitols am 6. Januar zurückgewiesen, bei dem fünf Menschen ums Leben gekommen waren.

Das Verfahren gegen Trump dürfte angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Senat Ende dieser Woche oder Anfang der kommenden mit einem Freispruch zu Ende gehen. Einer am Mittwoch veröffentlichten Reuters/Ipsos-Umfrage zufolge befürworten 47 Prozent der US-Bürger eine Verurteilung, 40 Prozent lehnen sie ab. Sollte Trump schuldig gesprochen werden, könnte er von allen öffentlichen Ämtern ausgeschlossen werden. Damit dürfte er auch nicht zur Präsidentenwahl 2024 antreten. Am Dienstag hatte einer von Trumps Anwälten, Bruce Castor, dies als den wahren Grund für den Prozess bezeichnet: "Wir sind eigentlich hier, weil die Mehrheit im Repräsentantenhaus Donald Trump in Zukunft nicht als politischen Rivalen gegenüberstehen will."

Zum Auftakt des zweiten Verhandlungstags am Mittwoch warnte der als Chefankläger auftretende demokratische Abgeordnete Jamie Raskin, es würden Videos vorgespielt, die Szenen "schockierender Gewalt und des Blutvergiessens" von der Erstürmung zeigten. Er rief Eltern und Lehrer auf, genau zu prüfen, was Kinder davon sehen sollten. Raskins Kollege Joe Neguse las Zitate von Eindringlingen im Kapitol vor. Darunter war die in vulgärer Sprache vorgetragene Klage, dass man die ranghöchste Demokratin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, nicht habe finden können, um ihr in den Kopf zu schiessen. Schwarze Polizisten seien von den Trump-Anhängern rassistisch beleidigt worden, hiess es weiter. Trumps Anwälte haben erklärt, die Demonstranten seien für ihr Verhalten selbst verantwortlich, nicht der ehemalige Präsident.

(Reuters)