Europas Banken versuchen informierten Kreisen zufolge derzeit, solch enorme Rückstellungen zu vermeiden. Ihre Strategie: Flexibilität bei der Nutzung von Konjunkturmodellen. Muss mit dem Worst-Case geplant werden, oder reicht nicht auch ein vergleichsweise optimistisches Szenario, lautet vielerorts intern die Fragestellung. Für das erste Quartal sind bei den Kreditinstituten in Europa demnach eher geringe Anstiege bei den Rückstellungen für notleidende Darlehen zu erwarten. Im Rest des Jahres werde die Herangehensweise ähnlich bleiben, ist aus Managementkreisen im Sektor und in der Bankenaufsicht zu hören.
Die Verantwortlichen in der Regulierung tolerieren dem Vernehmen nach eine flexible Auslegung der Bilanzierungsregeln, um starke Anstiege bei den Rückstellungen zu vermeiden, zumal der Sektor durch Jahre niedriger Rentabilität ohnehin geschwächt ist. Zudem sollen die Banken in der Lage bleiben, die unter der Coronakrise leidende Wirtschaft mit Darlehen zu versorgen.
Um die Rückstellungs-Belastungen zu mindern, dürfte sich die Branche informierten Kreisen zufolge auch dafür einsetzen, den Aufbau zusätzlicher Reserven über einen Zeitraum von 18 Monaten vornehmen zu können.
Ausfallrisiko durch Staatsgarantien gesenkt
Im Fokus der Erörterungen mit Wirtschaftsprüfern und Konkurrenten steht die Frage, welche Konjunkturprognosen zur Vermeidung grosser Rückstellungen vertretbar sind. Je milder die angenommenen Konjunkturbelastungen durch die Corona-Epidemie sind, desto weniger muss für Kreditrisiken zurückgestellt werden, so die Überlegung. Das Ausfallrisiko werde zudem durch die massiven Staatsgarantien gesenkt, heisst es im Sektor.
Die Aufsichtsbehörden hätten den Banken signalisiert, die Bilanzierungsvorschriften nicht zu streng auszulegen, berichtet auch Alexandra Annecke von Union Investment. Damit stelle sich allerdings auch die Frage, wie stark das Zahlenwerk der Realität entsprechen wird, warnt die Fondsmanagerin. Die Wall-Street-Bank JPMorgan hat im Hinblick auf Kreditrisiken mit 8,29 Milliarden Dollar gerade die grösste Rückstellung seit mindestens einem Jahrzehnt vorgenommen.
(Bloomberg)
