Wie Faesers Ministerium am Montag mitteilte, sollen zudem die vorübergehenden Kontrollen der Bundespolizei direkt an der Grenze zu Österreich, die es bereits seit Herbst 2015 gibt, um weitere sechs Monate verlängert werden.
Die deutsche Innenministerin begründete ihre Entscheidung, die an den neu informierten Grenzabschnitten zunächst für zehn Tage wirksam wird, mit der Begrenzung der irregulären Migration. Die Grenzkontrollen könnten bis zu insgesamt zwei Monaten verlängert werden, teilte ihr Ministerium mit.
Ausserdem gehe es Faeser bei dieser Massnahme darum, «die Schleusungskriminalität noch stärker zu bekämpfen», hiess es in einer Mitteilung. Von Anfang Januar bis Anfang Oktober hat die deutsche Polizei laut Innenministerium etwa 98'000 unerlaubte Einreisen nach Deutschland festgestellt.
Die Ministerin wies darauf hin, dass an den betroffenen Grenzübergängen auch künftig nicht rund um die Uhr jedes Fahrzeug angehalten werden solle. «Die Bundespolizei kann nun flexibel, je nach aktueller Lage, das gesamte Bündel an stationären und mobilen grenzpolizeilichen Massnahmen einsetzen», sagte Faeser.
Ihr sei besonders wichtig, «dass sich die Kontrollen so wenig wie möglich auf den Alltag von Pendlern, auf den Handel und auf den Reiseverkehr auswirken».
Das bekräftigte sie laut Staatssekretariat für Migration (SEM) auch im Telefongespräch mit Baume-Schneider. Die Bundesrätin ihrerseits erinnerte ihre Amtskollegin «an die enge Verflechtung der Grenzregionen», wie das SEM auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA schrieb.
Die beiden Ministerinnen haben gemäss SEM zudem ihren Willen bekräftigt, die konstruktive und erfolgreiche Zusammenarbeit gegen die Sekundärmigration und die Schleusertätigkeit fortzusetzen.
Punktuelle Grenzkontrollen
Erst vor wenigen Tagen hatte Faeser verstärkte Kontrollen in der Nähe der östlichen Grenze angekündigt und die Rechtsauffassung vertreten, dass die Polizei dabei punktuell - etwa wenn man dort gerade eine Schleusung vermutet - auch direkt an der Grenze Fahrzeuge anhalten könne.
Forderungen der CDU-Innenminister der Bundesländer Sachsen und Brandenburg, Armin Schuster und Michael Stübgen, nach stationären Kontrollen hatte sie unter anderem mit dem Argument zurückgewiesen, wer an der Grenze ein Asylbegehren äussere, könne in der Regel ohnehin nicht zurückgewiesen werden.
Schleuser sind mit Kontrollen direkt am Grenzübergang allerdings leichter zu schnappen als bei Kontrollen im Hinterland. Oder es kommt zu Unfällen wie letzte Woche, als ein mutmasslicher Schleuser, vermutlich um der Entdeckung durch die Polizei zu entgehen, so stark beschleunigte, dass er die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor. Sieben Menschen starben bei dem Unfall in Bayern.
Zurückweisung an Schengen-Grenze
Zurückweisungen an Schengen-Binnengrenzen sind rechtlich nur dann zulässig, wenn zuvor die temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen gegenüber der EU-Kommission bekannt gegeben wurde. Zurückweisungen kommen aber nur in relativ wenigen Fällen zur Anwendung, etwa wenn ein Ausländer mit einer Einreisesperre belegt ist oder wenn er keinen Asylantrag stellt.
Obwohl im Schengen-Raum eigentlich das Prinzip der offenen Binnengrenzen gilt, haben aktuell mehrere Staaten Grenzkontrollen eingeführt. Frankreich hat etwa unter Verweis auf Terror-Risiken und irreguläre Migration Kontrollen an seinen Grenzen zu Belgien, Luxemburg, Deutschland, Italien, Spanien und der Schweiz beantragt.
Die Franzosen kontrollieren aber nicht überall rund um die Uhr, sondern eher punktuell und angepasst. So ähnlich soll es künftig auch an den Grenzen Deutschlands zu Tschechien, Polen und der Schweiz laufen.
«Klar ist auch: Wir wollen schnellstmöglich zurück zu Binnengrenzen, an denen wir nicht kontrollieren müssen», betonte Faeser. Dafür sei es notwendig, die Verhandlungen zu einer Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems mit einem umfassenden EU-Aussengrenzschutz erfolgreich abzuschliessen.
Der tschechische Innenminister Vit Rakusan zeigte Verständnis für die deutsche Entscheidung. Er rechne nach einem Gespräch mit Faeser damit, dass die Grenzkontrollen stichprobenartig erfolgen, schrieb der konservative Politiker auf der Plattform X (vormals Twitter).
Von Anfang Januar bis Ende September haben in Deutschland 233'744 Menschen erstmals einen Asylantrag gestellt, rund 73 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
(AWP)