Die Gesundheitsindustrie hat in der Corona-Pandemie eine Glanzleistung erbracht. Weniger als ein Jahr dauerte es, bis Impfstoffe auf der Grundlage einer neuen Technologie den Sprung zur Marktreife schafften. Von einer breiten Öffentlichkeit wird dieser bahnbrechende Erfolg wohl erst gewürdigt, wenn die Eindämmung der medizinischen und ökonomischen Folgen von COVID-19 sichtbar wird.

mRNA-Vakzine sind die Vorreiter

58 Impfstoffe gegen das SARS-CoV2-Virus befanden sich der Fachzeitschrift „The Lancet“ zufolge Ende 2020 in der klinischen Entwicklung. Grosse Gewinner sind die mRNA-Impfstoffe. Diese neuartige Technologie zeigte sich bei klinischen Studien funktionaler als herkömmliche Impfverfahren und erhielt als Erste die Marktzulassung.

Als Botenmolekül liefert mRNA die Bauanleitung für menschliche Zellen, damit diese ohne bedrohliche Infektion die Stachel-Strukturen, auch genannt Spike-Protein, des Coronavirus herstellen können. Diese Proteine lösen eine Immunreaktion aus, die vor einer COVID-19 Infektion oder einem schweren Verlauf schützt.

Die mRNA geht dabei nie in den Zellkern, sondern veranlasst nur das Umschreiben der kodierten Informationen in das Virusprotein, gegen das der Körper im Anschluss einen Schutz mit Hilfe seiner Immunantwort bildet. Bestätigen die jetzt anlaufenden, breit angelegten Impfungen ihre durchschlagende Wirkung, die in klinischen Studien beobachtet wurden, könnte sich die mRNA-Technologie in Zukunft als neuer Standard auch bei Impfungen gegen andere Virusinfektionen etablieren. D

ie beiden seit Ende 2020 zugelassenen Produkte von Pfizer/BioNTech und Moderna werden in den nächsten Monaten vor allem in den Industrieländern zum Einsatz kommen. Der Impfstoff von CureVac wird vermutlich nicht vor Mitte 2021 die Zulassung erhalten. Diesen zeitlichen Nachteil wird das Unternehmen mit zwei Pluspunkten zu kompensieren versuchen. Das Vakzin lässt sich leichter lagern und kühlen als die beiden Frühstarter und kann mit einer geringeren Dosierung seine Wirkung entfalten. Darüber hinaus nimmt CureVac verstärkt Schwellenländer als Absatzmärkte ins Visier.

Daneben sind die von AstraZeneca und Johnson & Johnson entwickelten Vakzine am weitesten fortgeschritten, die sich viraler Vektoren für den Transport in die menschlichen Zellen bedienen. Auch diese Technologie ist ein neuer Meilenstein. Das von AstraZeneca entwickelte Vakzin baut genetische Informationen des SARS-CoV-2-Virus in einen Erkältungsvirus ein, welches so verändert wurde, dass es sich nicht vermehren kann.

Auch hier erfolgt die Produktion der viralen Proteine in der Zelle, sodass das menschliche Immunsystem darauf mit einer Schutzreaktion antwortet. Nach uneinheitlichen Wirksamkeitsdaten und Nebeneffekten wie Rückenmarksentzündungen bei einzelnen Patienten wird AstraZeneca in der wieder angelaufenen zulassungsrelevanten Studie zusätzlich einen anderen Vektor für die zweite Dosis verwenden. Ein Fragezeichen hinter dem künftigen Einsatz wirft auch die Tatsache auf, dass lediglich 12 % der in die klinischen Tests von Astras Impfstoff einbezogenen Patienten aus der Gruppe der über 55-Jährigen kamen.

Genau diese Gruppe bedarf aber eines besonderen Schutzes und gerade für sie sind die Wirksamkeitsaussagen noch nicht reif genug. Bei Johnson & Johnson werden die klinischen Daten Anfang 2021 erwartet. Die bislang vorliegenden Ergebnisse legen nahe, dass eine einmalige Impfung nicht ausreicht, um sich von den mRNA-Vakzinen zu differenzieren, die zwei Mal injiziert werden müssen.

Global ausgerichtete Impfprogramme im Visier haben aber auch die auf herkömmlichen Technologien basierenden Impfstoffe. Deren Vorteil liegt darin, dass sie sich einfacher produzieren und lagern lassen. Die meisten dieser Produkte werden in den Labors von Pharmakonzernen entwickelt.

Im Vergleich zu den mRNA-Impfstoffen spielt die Kommerzialisierung bei diesen in der Regel eine untergeordnete Rolle. Aus diesem Grund sollen sie vorzugsweise in Schwellen- und Entwicklungsländern zum Einsatz kommen. Dort geht es in erster Linie darum, schnell in den jüngeren Bevölkerungsgruppen, welche die demografischen Strukturen dominieren, eine Herdenimmunität zu erzielen.

Herkömmliche Impfstoffe für den globalen Einsatz

Die ausreichende Antigenkonzentration, um eine wirksame Immunreaktion bei Älteren auszulösen, ist der entscheidende Faktor bei den proteinbasierten Impfstoffen, wie sie die Pharmakonzerne Sanofi, Merck&Co und GlaxoSmithKline entwickeln. Die bisherigen Daten von Sanofi und Glaxo zeigten aber, dass mit den bisherigen Technologien keine genügende Immunantwort für einen Schutz möglich war.

Auch hier war die Immunantwort bei den Älteren zu gering und die Firmen müssen die Studie erneut durchführen und wollen hierbei die Dosen erhöhen, was aber zu Lasten der Verträglichkeit gehen könnte.

Zu den am weitesten von Biotechfirmen entwickelten Impfstoffkandidaten zählt das Produkt von Novavax. Dieses enthält ein rekombinant hergestelltes Glykoprotein aus der Spike-Struktur des Virus, das zusammen mit einem Hilfsstoff (Adjuvans) in Nanopartikeln formuliert ist. Unabhängig davon, welche Vakzine am Ende die Zulassung erhalten, spielen sie alle eine Rolle bei der Aufgabe, auf Sicht der nächsten 18 Monate global 4.5 bis fünf Milliarden Menschen gegen COVID-19 zu impfen.

Antikörper zur Milderung des Krankheitsverlaufs

Um die Zahl der tödlich verlaufenden Krankheitsfälle mit COVID-19 zu verringern, geht es zum einen darum, frühzeitig die Virenlast zu senken, und zum anderen, bei überschiessenden Immunreaktionen im fortgeschrittenen Krankheitsstadium Kollateralschäden wie einer Blutvergiftung, auch Sepsis genannt, und Organversagen in den Griff zu bekommen.

Antikörper haben sich als am besten wirkende Therapie im Frühstadium der Krankheit gezeigt. Auch das von Gilead entwickelte Remdesivir aus der Klasse der Virostatika kann bei frühzeitiger Gabe die Vermehrung der Viren unterbinden. Immunglobuline, wie sie Takeda Pharma aus Japan entwickelt, verwenden einen Antikörper-Cocktail von bereits geheilten Patienten, um Risikogruppen gegen COVID-19 zu schützen oder allenfalls im Frühstadium zu therapieren.

Der Beweis für die Wirksamkeit dieser Hyperimmunglobuline steht allerdings noch aus. Der gemeinsame Nachteil aller bislang verfügbaren Virostatika und Antikörper besteht darin, dass sie nur intravenös zu verabreichen sind und für die ambulante Behandlung bislang nicht in Betracht kommen. Neue Produkte von Pfizer, Merck&Co und Roche, die 2021 klinische Ergebnisse vorlegen, haben zum Ziel, bei schweren Krankheitsverläufen die molekularen Signalwege zu unterbinden, welche eine überschiessende Immunreaktion auslösen.

Corona-Akteure in unseren Fondsportfolios

Etliche der im Kampf gegen die Corona-Pandemie aktiven Unternehmen sind unseren Fondsportfolios enthalten. Der Biotechnologiefonds enthält die mRNA-Protagonisten Moderna, BioNTech und CureVac, während Takeda Pharma eine grössere Position in unserem Asienfonds ist. Zugleich hat die hohe Kursdynamik in diesem Jahr einmal mehr gezeigt, dass Fondsmanager mit einer zeitnahen Anpassung der Gewichtungen einen Mehrwert für Investoren erzielen können.

So hatten wir im April Gilead erst höher gewichtet und dann ab der Jahresmitte wieder reduziert. Im Gegenzug bauten wir nach den ersten klinischen Erfolgen die Positionen der drei Impfstoffentwickler konsequent aus und realisierten zuletzt erste Gewinnmitnahmen, weil wir das Potenzial infolge der steigenden Bewertungen als zunehmend eingepreist einschätzen.

 

Für weitere Informationen:

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